Bis die Rettungskräfte eintreffen, hat die psychische Betreuung durch Ersthelfer einen hohen Stellenwert. Betroffene brauchen in Krisensituationen vor allem das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Besonders bei Kindern sind einige Dinge zu beachten.

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Füreinander da sein und im Notfall helfen!

Erste-Hilfe-Maßnahmen können über Leben und Tod entscheiden. In Österreich ist grundsätzlich jeder Mensch dazu verpflichtet, im Ernstfall Erste Hilfe zu leisten – daher sollte man an einem Erste-Hilfe-Kurs teilnehmen und auch regelmäßig sein Wissen auffrischen. Diese Serie soll einen Beitrag dazu leisten.

Menschen reagieren unterschiedlich

Bei der Ersten Hilfe geht es um schnelle Reaktionen wie den Anruf bei der Rettung oder das Absichern einer Gefahrenstelle. Es geht auch darum, die richtigen Handgriffe zu erlernen, um zum Beispiel Wiederbelebungsmaßnahmen durchführen zu können. Der Ersthelfer bzw. die Ersthelferin hat aber noch eine weitere wichtige Aufgabe: Bis die Rettungskräfte eintreffen, liegt es an ihm bzw. ihr, der betroffenen Person beizustehen und seelische Unterstützung zu leisten.

Menschen reagieren bei Verkehrsunfällen, Naturkatastrophen, Terroranschlägen oder anderen psychisch belastenden Ereignissen unterschiedlich. Wie jemand reagiert, hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel von der Art des Ereignisses, von der eigenen Gesundheit, von dem Lebensalter oder von den kulturellen Hintergründen. Manche sind überwältigt und erstarren oder ziehen sich zurück, andere sind ängstlich, verwirrt oder verunsichert. Mögliche Reaktionen sind auch Weinen, Zorn, Wut, Schuldgefühle, Scham, Zittern, Desorientiertheit oder Müdigkeit.

1. Sicherheit vermitteln

Für den Verunfallten bzw. die Verunfallte ist die Situation sehr nervenaufreibend. Als Ersthelfer:in sollten Sie ihm/ihr in erster Linie ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermitteln.

Gehen Sie auf die Person, der Sie helfen möchten, zu und stellen Sie sich mit Ihrem Namen vor. Sagen Sie ihm/ihr, dass Sie hier sind und er/sie nicht allein ist. Sagen Sie, dass Sie bleiben, bis die Rettungskräfte eintreffen. Das wirkt entlastend und beruhigend.

Versuchen Sie eine vertrauensvolle Umgebung zu schaffen, indem Sie geduldig und ruhig sind. Bieten Sie Ihre Hilfe an, ohne aufdringlich zu sein. Trösten Sie den Menschen und helfen Sie ihm/ihr dabei, sich zu beruhigen. Teilen Sie der Person mit, was Sie als Ersthelfer:in unternehmen. Sprechen Sie ruhig, klar, sachlich und seien Sie freundlich.

2. Schutz vor neugierigen Blicken

Teilen Sie Schaulustigen freundlich aber bestimmt mit, dass diese bitte weitergehen sollen, weil das für den Betroffenen/die Betroffene unangenehm ist.

Falls Zuschauer unnötige Ratschläge oder Geschichten von sich geben, können Sie diesen eine Aufgabe erteilen. Zum Beispiel: "Halten Sie bitte Ausschau nach dem Rettungsauto."

3. Vorsichtiger Körperkontakt

Betroffene empfinden leichten körperlichen Kontakt häufig als angenehm. Sie können zum Beispiel die Hand oder die Schulter halten. Berücksichtigen Sie dabei aber das Alter, Geschlecht und die Kultur des/der Betroffenen und passen Sie Ihr Verhalten entsprechend an. Fragen Sie ihn/sie zum Beispiel, ob es in Ordnung ist, wenn Sie seine/ihre Hand halten oder die Schulter berühren. Berühren Sie die Person nicht, wenn Sie sich nicht sicher sind, ob es passend ist.

Es wird auch als angenehm empfunden, auf Augenhöhe miteinander zu sprechen. Knien Sie sich deshalb bei Bedarf hin.

4. Gute Kommunikation

Es kann der Person helfen, sich sicher, verstanden, respektiert und gut versorgt zu fühlen, wenn Sie ruhig bleiben und Verständnis signalisieren. Sprechen Sie in einem freundlichen Tonfall und hören Sie ihm/ihr aufmerksam zu. Fragen Sie zum Beispiel, ob jemand benachrichtigt werden soll.

Versuchen Sie seine/ihre Fragen möglichst ehrlich zu beantworten und geben Sie es auch zu, wenn Sie keine Antwort auf eine Frage wissen. Machen Sie keine falschen Versprechungen und geben Sie keine falschen Informationen.

Hören Sie dem Menschen zu, ohne ihn/sie zum Reden zu zwingen. Manche möchten ihre Geschichte erzählen, andere nicht. Zuhören kann eine große Unterstützung sein. Es ist aber wichtig, die Person nicht zu drängen. Manche möchten nicht darüber sprechen, was passiert ist. Sie werden es aber vielleicht zu schätzen wissen, wenn man bei ihnen bleibt und sie wissen lässt, dass man da ist, falls sie reden möchten oder etwas benötigen. Respektieren Sie die Privatsphäre des/der Betroffenen und behandeln Sie das Gesagte vertraulich.

Psychische Betreuung von Kindern

Wenn der/die Betroffene ein Kind ist, sollten Sie sich ebenfalls mit Namen vorstellen und Vertrauen aufbauen. Sprechen Sie zuerst mit anwesenden Vertrauenspersonen wie den Eltern oder Freunden. Wenn Sie von diesen als Ersthelfer:in akzeptiert werden, wird es auch das Kind tun.

Erklären Sie dem Kind auf Augenhöhe mit einfachen Worten, was passiert ist und was Sie tun werden. Sprechen Sie nicht über seinen Kopf hinweg, sondern beziehen Sie es mit ein. Achten Sie außerdem darauf, dass es nicht von seinen Vertrauenspersonen getrennt wird. Ist die Bezugsperson sehr aufgeregt, verletzt oder anderweitig nicht dazu in der Lage, für das Kind zu sorgen, sollten Sie vertrauenswürdige Organisationen und Hilfseinrichtungen involvieren.

Kinder und Jugendliche sind in Krisensituationen besonders verwundbar. Wie sie auf traumatische Ereignisse reagieren, hängt von ihrem Alter und Entwicklungszustand ab. Sie brauchen meist besondere Unterstützung. Versuchen Sie, Kinder vor Krisen-Szenen abzuschirmen. Lassen Sie Kinder nicht unbeaufsichtigt und allein.

Ratschläge für Säuglinge und Kleinkinder:

  • Halten Sie sie warm und sicher
  • Halten Sie sie von lauten Geräuschen fern
  • Umarmen Sie sie und geben Sie ihnen Zuwendung
  • Sprechen Sie mit ruhiger Stimme

Ratschläge für Schulkinder:

  • Geben Sie ihnen Zeit und Aufmerksamkeit; seien Sie mit ihnen geduldig
  • Geben Sie ihnen das Gefühl von Sicherheit; sagen Sie ihnen, dass sie in Sicherheit sind
  • Erklären Sie ihnen, dass sie nicht schuld sind
  • Vermeiden Sie eine Trennung von Bezugspersonen und Geschwistern
  • Geben Sie einfache und ehrliche Antworten auf ihre Fragen ohne beängstigende Details

Ratschläge für Jugendliche:

  • Geben Sie ihnen Zeit und Aufmerksamkeit
  • Erlauben Sie ihnen, traurig zu sein; erwarten Sie nicht von ihnen, stark zu sein
  • Hören Sie ihnen zu, ohne zu urteilen
  • Geben Sie ihnen Informationen über die Fakten, erklären Sie ihnen, was passiert ist und beantworten Sie ihre Fragen

Dieser Beitrag kann nicht den Besuch eines Erste-Hilfe-Kurses ersetzen.