Sich für ein Baby zu entscheiden, heißt nicht einfach nur, auf Verhütungsmethoden zu verzichten. Die Gesundheit spielt dabei eine wichtige Rolle, und viele Faktoren müssen zusammenspielen ...

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Eine Frau ist theoretisch zwischen der ersten und der letzten Periode fruchtbar. Also ab ca. elf bis 13 Jahre bis ca. 40 bis 50 Jahre. Der Mann kann theoretisch bis ins hohe Alter Kinder zeugen – auch das sind jedoch eher Ausnahmen. Vor allem bei der Frau ist es leider so: Je weiter die Zeit fortschreitet, umso schwieriger wird es. Die Reise von „Jetzt versuchen wir es!“ bis zu „Jetzt hat es (endlich) geklappt!“ ist manchmal länger und beschwerlicher als manch ein Paar es sich wünschen würde. Eine erfolgreiche Befruchtung ist nicht weniger als ein kleines Wunder.

Von ein paar hundert Eizellen darf bei der geschlechtsreifen Frau eine einzige befruchtbare Eizelle pro Monat den Eierstock verlassen und über den Eileiter den weiten Weg Richtung Gebärmutter „wandern“. Ihre Lebensspanne beträgt dabei nur 24 Stunden. Die restlichen Eizellen müssen vier Wochen auf ihre nächste Chance warten. Die Spermien stehen ebenfalls vor Herausforderungen: Sie müssen auf ihrem Weg zur Eizelle erst einmal das saure Milieu der Scheide überwinden. Manche von ihnen sind von Haus aus defekt, haben einen Knick oder ein verklebtes Schwänzchen. Dazu kommt noch ein weiteres Problem: In den linken oder den rechten Eileiter schwimmen? Viele biegen demnach, einfach gesagt, falsch ab.

Herausragend also, wenn alles klappt, die Eizelle befruchtet wird, sich erfolgreich einnistet und ein Kind heranwächst. Verständlicherweise fragen sich viele Paare: Welcher Zeitraum, um schwanger zu werden, gilt als normal? Man geht von einem Zeitraum von etwa zwölf Monaten aus. Aber „normal“ ist natürlich relativ – sprechen Sie daher mit Ihrem/Ihrer Frauenarzt/-ärztin. Ein Arztbesuch vor dem „Projekt Schwangerschaft“ ist ohnedies ratsam. Auch bspw., um empfohlene Impfungen bereits vor der Schwangerschaft abhaken zu können. Außerdem werden Blutdruck, Puls und Blutwerte abgeklärt. Gerade Schilddrüsenfunktionsstörungen können die Fruchtbarkeit einschränken und sind verhältnismäßig leicht zu behandeln, wenn man sie denn kennt ...

Corona: Hochrisikogruppe Schwangere

Bei der COVID-19-Impfung sind die Effektivität und Sicherheit der mRNA-Vakzine erwiesen, und es ist auch das Neugeborene durch die mütterlichen Antikörper geschützt. Auch wenn Infektionen mit SARSCoV-2 nicht häufiger sind als bei Nicht-Schwangeren, raten Expert:innen zur Impfung. Schwangere gehören mit vermehrten Risiken für Mutter und Kind zur Hochrisikogruppe. Das Mittel der Wahl bei Fieber und Schmerzen in der Schwangerschaft ist Paracetamol. Die Alternative Ibuprofen darf nur bis zur Schwangerschaftswoche 28 eingenommen werden.

Wenns nicht klappt

Die Gründe für einen unerfüllten Kinderwunsch reichen von hormonellen Störungen, anatomischen Fehlbildungen über Endometriose und Myome, Chemotherapien bis hin zu genetischen Veränderungen. Ein enorm wichtiger, nicht zu vernachlässigender Faktor ist, wie eingangs erwähnt, ein fortgeschrittenes Alter.

Ein weiterer Stolperstein kann Endometriose sein. Sie ist weitverbreitet und dennoch immer noch nahezu unbekannt. Die betroffenen Frauen haben gutartige, meist schmerzhafte Wucherungen aus gebärmutterschleimhautartigem Gewebe, das außerhalb der Gebärmutter wächst. Patientinnen leiden bis zu acht Jahre an einer Endometriose, bis endlich die richtige Diagnose gestellt wird. Ein Umstand, der die Diagnose erschwert, sind die vielfältigen Schmerzzustände: Schmerzen können während der Regelblutung auftreten, beim Geschlechtsverkehr, beim Wasserlassen. Auch das polyzystische Ovarialsyndrom kann eine Schwangerschaft erschweren. (siehe Interview unten)

Psychische Aspekte

Der „Leidensweg“ beginnt oft lange vor dem Besuch beim Arzt/bei der Ärztin oder der Kinderwunschklinik. Für Betroffene ist jeder weitere Zyklus ohne Beginn einer Schwangerschaft eine Enttäuschung. Dies kann individuell genauso schlimm empfunden werden wie eine Fehlgeburt oder ein nicht funktionierender Versuch einer künstlichen Befruchtung.

Nur 15–20 % der Paare suchen psychosoziale Begleitung. „Jedes siebte Paar ist von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen.“ Im Umgang mit möglicherweise Betroffenen im eigenen Umfeld rät die Psychologin Martina Fink zu Empathie. Der Satz „Wann ist es denn bei euch soweit?“ könne ein Trigger sein, warnt die Psychologin. Die betroffenen Partner gehen oft unterschiedlich mit der Belastung um. Frauen wollen „erzählen, reflektieren“ und zeigen sich belastet, Männer suchen dagegen Aktivität, lenken sich ab. Sich psychosoziale Hilfe zu holen, sollte nicht mehr als Schwäche, sondern als Stärke angesehen werden.

Interview: „Ein gesunder Lebensstil fördert die Fruchtbarkeit“

eva-lehner-rothe - Dr. Eva Lehner-Rothe, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ordination Wien und Baden
Dr. Eva Lehner-Rothe, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ordination Wien und Baden

In nur neun Monaten Schwangerschaft wächst aus einem winzigen Ei und einem mikroskopisch kleinen Spermium in rasantem Tempo ein Mensch. Über mögliche Stolpersteine sowie kursierende Mythen haben wir mit Dr. Eva Lehner-Rothe gesprochen.

DA: Welche Ursachen kommen infrage, wenn es mit einer Schwangerschaft nicht direkt klappen will?
Dr. Eva Lehner-Rothe: Einerseits muss man abklären, ob es irgendwelche hormonellen Störungen gibt. Es kann ein hormonelles Ungleichgewicht bei der Frau vorliegen, eine Stoffwechselerkrankung oder auch das PCO-Syndrom. Das PCO-Syndrom ist ein sehr vielfältiges Krankheitsbild, typische Symptome sind Zyklusunregelmäßigkeiten, ein fehlender Eisprung sowie eine zu hohe Konzentration an Androgenen.
Weitere Gründe sind Verklebung der Eileiter, innere Verwachsungen – und es kann natürlich auch der männliche Faktor eine Rolle spielen. Es ist bei der weiteren Abklärung auch ratsam, ein Spermiogramm des Mannes anzuschauen. Mit einem Spermiogramm wird die Qualität der Samenzellen überprüft. Die Untersuchung umfasst beispielsweise die genaue Bestimmung der Spermabeweglichkeit und der -konzentration.

DA: Welche Lebensstilmaßnahmen empfehlen Sie?
Lehner-Rothe: Allgemein gilt natürlich, dass ein gesunder Lebensstil die Fruchtbarkeit fördert: ausgewogene Ernährung, ausreichende Bewegung, nicht rauchen, Übergewicht reduzieren. Übergewicht ist ein unterschätzter Faktor, der die Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann. Außerdem ist es bei einem Kinderwunsch wichtig, ausreichend Folsäure zu supplementieren – zusätzlich zum gesunden Lebensstil.

DA: Welche Mythen zum Thema Fruchtbarkeit und Kinderwunsch würden Sie gerne ausräumen?
Lehner-Rothe: ,Nur Sex während des Eisprungs führt zu einer Schwangerschaft‘ – das stimmt beispielsweise nicht. Man kann auch drei bis vier Tage vor dem Eisprung bereits schwanger werden; und wenn eine Frau eine sehr lange Regelblutung hat, ist eigentlich bereits gleich nach der Regel eine Schwangerschaft möglich. Gesunde Spermien eines Mannes können bis zu 96 Stunden – immerhin vier ganze Tage – im Körper der Frau aktiv sein.
Oft hört man auch, dass man nach Absetzen der Pille nach langer Einnahme schnell schwanger wird. Das ist eher nicht so. Man muss schon damit rechnen, dass nach Absetzen der Zyklus eine Zeit lang braucht sich einzupendeln. Man darf nicht damit rechnen, dass man die Pille absetzt und im nächsten Zyklus sofort schwanger wird. Also die Pille bis zum Kinderwunsch zu nehmen, sollte man überdenken.
Noch ein Mythos: ,Vom Lusttropfen des Mannes‘ kann man nicht schwanger werden ... oja, auch davon kann man schwanger werden. Es können durchaus auch im Lusttropfen bereits Spermien vorhanden sein.

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