Jeder von uns spürt, dass die psychische Verfassung nicht nur Auswirkungen auf den Körper hat, sondern die gesamte Lebensqualität bestimmt. Doch wie weit reicht ihr Einfluss tatsächlich?

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„Diese Geschichte liegt mir wirklich im Magen“, „Das ist mir gehörig an die Nieren gegangen“, „Ich war so traurig, dass ich dachte, mir bricht das Herz“, „Das ist ja zum aus der Haut fahren“ – bereits der Volksmund kennt den Zusammenhang zwischen dem, was auf psychischer Ebene geschieht und die Auswirkungen auf den Körper.

Stress ist persönlich

Was passiert nun, wenn wir denken und daraus Gefühle entstehen? Psychische Reaktionen werden über den Hypothalamus an die Hirnanhangdrüse weitergegeben, die wiederum die Nebenniere veranlasst, Hormone auszuschütten.

Bei Angst, Wut, Zeitdruck und allen Gefühlen, die wir als „negativ“ empfinden, sind das die Stresshormone Adrenalin und Cortisol. Die Folge sind Herzklopfen, Blutdruckerhöhung, Verspannungen der Muskulatur und des Gefäßsystems. Bei „positiven“ Gefühlen werden die Neurotransmitter Serotonin und Oxytocin aktiv.

Wichtig: Stressempfinden ist eine sehr persönliche Sache. So fühlt sich ein Mensch in einer Situation überfordert, in der ein anderer nicht einmal mit der Wimper zuckt.

Hält psychische Anspannung über lange Zeit an, ohne dass sie durch Problemlösung oder Entspannungstraining wieder abgebaut wird, kann das körperlich in jeder Hinsicht krankmachen. Forschungen und Erfahrungen zeigen, dass Organe wie zum Beispiel Herz, Magen, Darm sowie auch das Immunsystem davon betroffen sein können.

Warum unser Gehirn die größte Apotheke der Welt ist

Die relativ junge Wissenschaft Psychoneuroimmunologie untersucht den Zusammenhang zwischen psychischer Verfassung und Immunsystem und wurde da extrem fündig. Es ist heute bewiesen, dass Funktion und Bewegung unserer Immunzellen von psychischen Prozessen wie Stress, Ärger, Zorn, Groll, aber natürlich auch von Freude, Humor und Gelassenheit beeinflusst werden.

Außerdem ist unser Gehirn in der Lage Stoffe zu produzieren, die sonst nur in starken Medikamenten vorkommen. Wir sollten diese „größte Apotheke der Welt“ nutzen, indem wir uns psychisch in jeder Hinsicht entlasten und damit auch die Selbstheilungskräfte aktivieren“.

Natürlich sind Medikamente in vielen Fällen unbedingt notwendig, aber ganz offensichtlich haben wir mit unseren Gedanken und Gefühlen ein Werkzeug in der Hand, das wir immer nutzen – nur häufig gegen uns selbst.

Deshalb: Entscheiden Sie sich ab sofort dafür, die Kraft von gesundheitsförderndem Denken und Fühlen für sich zu gebrauchen.

So weit geht die Macht der Psyche

„Alles, was wir denken und fühlen, hat eine Wirkung auf körperliche Strukturen und verändert sie“, sagt Prof. Dr. Joachim Bauer, Facharzt für Interne Medizin, Psychiatrie und Psychosomatische Medizin am Unversitätsklinikum Freiburg in Deutschland.

„Gedanken, Gefühle und Erlebnisse in zwischenmenschlichen Beziehungen haben im Gehirn biologische Veränderungen zur Folge. Hätten wir die Möglichkeit einmal im Jahr eine Reise in unser Gehirn zu machen und uns dort mit einem Elektronenmikroskop umzusehen, würden wir jedes Mal erheblich veränderte Landschaften entdecken. Denn Nervenzell-Netzwerke verändern ihre Struktur, wenn sie neue Eindrücke und Erfahrungen aufnehmen“. Diese Erkenntnisse sind von größter Bedeutung, da das Gehirn zahlreiche Körperfunktionen steuert.

Dr. Karl Kuno Thure von Uexküll, der 2004 verstorbene Begründer der Psychosomatik, formulierte es wohl am besten, indem er sagte: „Eine Medizin für ‚Körper ohne Seelen‘ macht genauso wenig Sinn, wie eine Psychologie für ‚Seelen ohne Körper‘“.

Autorin: Mag. Sabine Standenat, Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin