Wenn die kleinste Bewegung schmerzt oder Treppensteigen plötzlich zur Qual wird, kann Rheuma hinter den Beschwerden stecken. Dank moderner Arzneistoffe hat die Erkrankung viel von ihrem einstigen Schrecken verloren. Auch über den Lebensstil lassen sich Entzündungen positiv beeinflussen.

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Rund zwei Millionen Österreicher leiden an Rheuma oder rheumaähnlichen Erkrankungen. Bei ihnen führen Störungen des Immunsystems dazu, dass ihr Körper eigene Strukturen angreift. Dazu gehören verschiedene Gelenke sowie Weichteile. Experten zählen rund 400 unterschiedliche Leiden zum rheumatischen Formenkreis.

Mythen und Missverständnisse

Besonders häufig sind Gelenksentzündungen, bekannt als rheumatoide Arthritis. Sie beginnt oft schleichend und führt zu Schmerzen in unterschiedlichen Gelenken. Zellen des Immunsystems greifen körpereigene Substanzen, etwa unsere Gelenksknorpel, an. Warum das passiert, konnten Wissenschaftler bis heute nicht zweifelsfrei klären.

Um die Beschwerden ranken sich viele Mythen. Tatsache ist, dass nicht nur Senioren betroffen sind. Besonders oft erkranken Menschen zwischen 55 und 64 Jahren, wobei Patienten teilweise deutlich jünger sind. Zwischen 35 und 45 Jahren kommt es ebenfalls zu einem leichten Anstieg der Häufigkeit. Auch eine Form, die nur bei Kindern auftritt, wurde beschrieben. Frauen leiden dreimal so oft an rheumatischen Erkrankungen wie Männer.

Alle Experten sind sich einig, keinesfalls abzuwarten. Treten plötzlich Schmerzen in Ihren Gelenken auf und dauern an, sollten Sie umgehend Ihren Arzt ansprechen.

Ihr Arzt hat Rheuma festgestellt - was nun?

  • Nehmen Sie alle Arzneimittel gewissenhaft anhand der Verordnung ein.
  • Sie müssen keine Schmerzen leiden. Sprechen Sie gezielt Ihren Arzt an, falls Sie trotz Ihrer Medikation Beschwerden haben.
  • Schonung schadet - bewegen Sie sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten. Suchen Sie Sportangebote speziell für Menschen mit Rheuma heraus.
  • Omega-3-Fettsäuren und pflanzliche Arzneimittel können ebenfalls die Beschwerden lindern.
  • Rauchen und starkes Übergewicht beeinflussen die Erkrankung ungünstig.
  • Suchen Sie eine Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe, um sich auszutauschen.

Was sagt der Rheumatologe?

Der Rheumatologe verordnet spezielle Arzneistoffe, je nach Schweregrad Ihrer Erkrankung. Wahrscheinlich wird er langfristig Basismedikamente einsetzen, um die Entzündung zu kontrollieren. Seit einigen Jahren ergänzen Biopharmazeutika das therapeutische Spektrum. Es handelt sich um Proteine, die Entzündungsbotenstoffe unschädlich machen.

Der wünschenswerte Effekt, unser Immunsystem zu dämpfen, hat aber auch Nachteile. Wir erkranken leichter an Infektionen. Dadurch verschlimmern sich rheumatoide Erkrankungen: ein Teufelskreis. Ärzte raten deshalb zum vollständigen Impfschutz gemäß „Impfplan Österreich“. Unabhängig vom Alter werden auch Vakzine gegen die saisonale Influenza empfohlen.

Analgetika, also Schmerzmittel, sind ein weiterer Baustein in der systematischen Rheumatherapie. Wichtig ist, Ihrem Arzt engmaschig zu berichten, ob Sie nach wie vor Schmerzen haben. Er beginnt Ihre Behandlung mit schwach wirksamen Analgetika in niedriger Dosierung. Sowohl das Präparat als auch die Menge können vom Rheumatologen in weiten Grenzen angepasst werden.

Halten Sie sich unbedingt an die Empfehlungen Ihres Arztes oder Apothekers. Rheuma zieht nämlich nicht nur unseren Bewegungsapparat in Mitleidenschaft. Patienten haben auch ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das lässt sich durch eine langfristige Basistherapien vermindern. Um Ihre Behandlung zu unterstützen, können Sie aber auch selbst viel unternehmen:

Wandern Bewegung Natur Nordic Walking - Schonung schadet eher: Bewegen Sie sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten - © Shutterstock
Schonung schadet eher: Bewegen Sie sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten © Shutterstock

Tipp 1: Pflanzliche Arzneimittel

Als Ergänzung zur Arzneimitteltherapie bieten sich Phytopharmaka an. Sekundäre Pflanzenstoffe aus Tee (Catechine), aus Weintrauben (Resveratrol), aus der Muskatnuss (Myristicin), der Teufelskralle (Iridoide) oder aus Weihrauch (Boswelliasäuren) wurden von Forschern untersucht. Sie fanden in Studien Hinweise auf wünschenswerte Effekte. Ein Versuch lohnt sich. Pflanzliche Arzneimittel ersetzt aber keine ärztlich verordneten Präparate.

Tipp 2: Richtig ernähren

Auch beim Thema Ernährung gibt es Möglichkeiten, dem Rheuma ein Schnippchen zu schlagen. Amerikanische Forscher haben verschiedene Gewohnheiten untersucht. Rheumapatienten, bei denen mindestens einmal pro Woche Fisch auf dem Speiseplan stand, litten weniger stark unter Gelenksbeschwerden als Personen mit seltenerem Konsum. Ideal sind Lachs, Hering, Makrele oder Thunfisch als Lieferanten von Omega-3-Fettsäuren.

Lachs Ernährung Vitamine - © Shutterstock
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Lein-, Raps- und Walnussöl enthalten diese essenziellen Moleküle ebenfalls. Als Alternative hält Ihr Apotheker Kapseln mit Omega-3-Fettsäuren für Sie bereit. Die Produkte liefern Arachidonsäure, ein Molekül, aus dem im Körper Entzündungsbotenstoffe entstehen.

Tipp 3: Mehr bewegen, weniger wiegen

Lebensmittel spielen noch in anderer Hinsicht eine Rolle. Ihr Arzt sollte überprüfen, ob Sie zu viele Kalorien aufnehmen. Stoffwechseluntersuchungen machen ebenfalls Sinn. Starkes Übergewicht, Insulinresistenz und Typ 2-Diabetes führen zur vermehrten Bildung entzündlicher Botenstoffe. Dadurch verschlechtern sich rheumatoide Erkrankungen.

Wer sich bewegt, verbrennt nicht nur Energiereserven, sondern braucht auch weniger Medikamente. Bei Rheuma empfehlen Sportmediziner 150 Minuten moderates Ausdauertraining pro Woche. Gehen Sie mit dem Hund spazieren, fahren Sie Rad oder nehmen Sie unter Anleitung von Physiotherapeuten an gelenkschonender Aquagymnastik teil. Auch eine Physiotherapie mit Krankengymnastik, Kälte, Wärme oder Bewegungstherapie wirken Wunder. Die Gelenke bleiben beweglich, während Schonung genau den entgegengesetzten Effekt hat. Wer rastet, der rostet.

Tipp 4: Weniger rauchen

Weiter warnen Rheuma-Experten vor dem blauen Dunst. Bei Rheumatikern, die nicht rauchen, wirken Rheuma-Medikamente besser. Wer bereits ein erhöhtes Risiko hat, etwa aufgrund familiärer Häufung, erkrankt häufiger als Personen ohne dieses Laster. Hoher Salzkonsum verdoppelt das Risiko von Rauchern sogar. Wie es dazu kommt, wissen Forscher noch nicht.