Ein Einblick in die traditionelle indische Heilkunst: Doshas, Dathus, Agni und Ojas. Die Bestandtteile der ayurvedischen Therapie.
Ayurveda stammt aus Indien und ist das älteste ganzheitliche Gesundheitssystem der Welt. Es bedeutet übersetzt „das Wissen vom Leben“ – über Jahrtausende hinweg wurde es mündlich überliefert.
Ein ganzheitliches Gesundheitssystem
Ayurveda ist eine kosmische Medizin, die uns als Teil der Gesamtheit erkennt. Wir sind ein Teil der Welt, in der wir leben und untrennbar mit allem verbunden, was uns umgibt. Alles was wir tun, denken und sagen hat eine Auswirkung auf die Gesamtheit.
Aus diesem Grund hat die Meditation einen so hohen Stellenwert im Ayurveda, da sie unseren Geist in die Ruhe und zu „Atma“ – unserem wahren Selbst – führt: In dieser 5.000 Jahre alten Medizin wurden und werden, vollkommen zu Recht, hohe Anforderungen an den behandelten Arzt gestellt: „Du sollst nach dem Glück aller Menschen streben. An jedem Tag, ob sitzend oder stehend, musst du mit ganzem Herzen den Kranken behandeln.“ (Aus der Caraka Samhita)
Unsere ayurvedische Konstitution
Aus den fünf Elementen – Raum, Luft, Feuer, Wasser und Erde – formieren sich die drei Doshas – Vata, Pitta und Kapha –, die in jeder unserer Zellen gegenwärtig sind.
Sie sind von Geburt an in jedem Menschen in einem charakteristischen Verhältnis festgelegt und bestimmen damit unsere individuellen körperlichen und geistigen Eigenschaften – unsere ayurvedische Konstitution.
- VATA – steht für Bewegung und Fluss, es ist für alle Bewegungsabläufe im Körper zuständig, es bewirkt Wachheit, Klarheit, Kreativität, es führt die beiden anderen Doshas an.
- PITTA – vom Feuer abgeleitet steht es für das Stoffwechselprinzip, die Verdauung und reguliert den Wärmehaushalt im Körper, Intellekt und Emotionen sind ein Ausdruck von Pitta.
- KAPHA – aus Wasser und Erde entstanden, bildet es alle Strukturen im Körper, reguliert den Wasserhaushalt, gibt Stabilität, Ausdauer, Mut und biologische Stärke über eine gute Immunität.
Die sieben Körpergewebe
Im Ayurveda begegnen wir sieben Gewebearten, den Dathus:
Rasa – Rakta – Mamsa – Meda – Asthi – Majja – Shukra
Sie sind für den gesamten Aufbau des Körpers verantwortlich und ermöglichen die Funktion der einzelnen Organe. Sie sind in einer klaren Organisation angeordnet und jedes Gewebe ernährt das Folgende.
Ist eines von ihnen unterernährt oder gestört, so hat das weitreichende Folgen für die nachfolgenden Gewebe, unser Immunsystem, unsere gesamte körperliche und geistige Gesundheit.
Agni und Ojas
Agni, das Verdauungsfeuer, ist dafür zuständig, unsere Nahrung zu verbrennen und den sieben Körpergeweben zuzuführen. Ernähren wir uns gesund, wählen wir unsere Nahrungsmittel mit Bedacht, essen wir in Ruhe und Dankbarkeit, so sind unsere Doshas im Gleichgewicht und unsere sieben Körpergewebe gut genährt.
Am Ende eines solchen Verdauungsprozesses entsteht Ojas, die feinstofflichste Substanz in unserem Körper. Sie schenkt uns Gesundheit, geistige Klarheit, ein hervorragendes Immunsystem, Wachheit und Jugendlichkeit.
Ist Agni schwach, sind wir sorglos mit unserer Ernährung und unseren Gedanken. So entsteht Ama (Unverdautes). Es lagert sich in den Geweben ab, verlegt die Kanäle (Srotas), unsere Gewebe werden nicht mehr ernährt und Krankheiten entstehen.
Die Pulsdiagnose
Sie steht am Beginn jeder ayurvedischen Behandlung. Mit ihr diagnostiziert der ayurvedische Arzt die Konstitution seines Patienten, den Zustand der drei Doshas im Allgemeinen, die 15 Subdoshas, welche spezifische Funktionen von Körper und Seele anzeigen, sowie den Zustand der sieben Körpergewebe.
Im Ayurveda werden sieben Stadien der Krankheitsentstehung unterschieden. Alle sind sie in der Pulsdiagnostik zu erkennen. Die ersten vier machen noch keine körperliche Veränderung, erst ab dem fünften Stadium zeigt sich eine manifeste körperliche Erkrankung. Die Schulmedizin kann erst hier einsteigen, da sich jetzt Veränderungen im Labor und in der bildgebenden Diagnostik zeigen. Wir selbst spüren schon sehr viel früher, aus dem Gleichgewicht gefallen zu sein.
Das heißt aber auch, dass alle Veränderungen, frühzeitig erkannt, völlig reversibel sind. Neben der Früherkennung und Gesunderhaltung ist aber auch die Begleitung bereits erkrankter Menschen eine Domäne des Ayurveda.
Die Ayurvedische Therapie
Anhand der Pulsdiagnose wird ein Therapieplan erstellt, der Ama (Unverdautes), falls vorhanden, ausleitet, die Doshas wieder ins Gleichgewicht bringt, Agni (das Verdauungsfeuer) stärkt und die Dhatus (Gewebe) reinigt und entgiftet.
Sehr bekannt ist die einfachste ayurvedische Ausleitung: die Heißwassertrinkkur. Die tiefgreifendste Reinigung ist die dreiwöchige Panchakarmakur, die man auch verkürzt als einwöchige „Small-Detox-Behandlung“, unter ayurvedisch ärztlicher Betreuung, ambulant durchführen kann. Zweimal jährlich sollte man seinen Körper reinigen. Frühling und Herbst bieten sich dafür an. Auch die für Sie aktuell am besten geeigneten Heilkräuter werden nach der aktuellen Dosha-Analyse gewählt.
Die Ernährung – Auswahl der Nahrungsmittel und Zubereitung der Speisen – ist ein wichtiger Eckpfeiler in jeder ayurvedischen Therapie. Ein ayurvedisches Menü sollte alle sechs Geschmacksrichtungen enthalten – süß, sauer, salzig, scharf, bitter, herb. Deswegen haben Gewürze einen so hohen Stellenwert und gelten zum Teil als Arznei (zum Beispiel: Pippali – langer Pfeffer).
Neben den allgemeinen Essensregeln – sorgfältige Auswahl der Lebensmittel, Art der Zubereitung, angenehme Atmosphäre während des Essens, in Ruhe essen, ein Drittel des Magen sollte frei bleiben für die Dankbarkeit etwas zu essen zu haben – werden auch die für Sie derzeit wichtigen Gewürze und Nahrungsmittel besprochen.
Ayurvedische Massagen helfen durch die speziell für Sie ausgewählten Öle, den Körper zu entgiften, zu reinigen und zu stärken. Sie sind fixer Bestandteil jedes Therapieplans, brauchen viel Zeit und führen den Geist in die Ruhe.