Sicher haben Sie von den jüngst aufgetretenen Hepatitis-Fällen bei Kindern gelesen, bei denen sehr junge Kinder mit einem eher dramatischen Verlauf betroffen waren. Wir geben Ihnen einen kurzen Überblick über das komplexe Feld der Hepatitis-Erkrankungen und über deren Warnsignale.

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Die Leber ist ein Organ mit vielfältigen Aufgaben. Sie dient der Entgiftung – das bedeutet, dass z. B. Medikamente und Alkohol über die Leber abgebaut werden. Sie produziert die Gallenflüssigkeit und unterstützt die Verdauung der Nahrungsfette. Weiters erzeugt sie Eiweißstoffe, die wir für die Blutgerinnung und das Immunsystem brauchen. Im Stoffwechselgeschehen nimmt sie Blutzucker und die Nahrungsfette auf. Diese können entweder verwertet oder gespeichert werden, wenn der Körper sie derzeit nicht braucht.

Was ist überhaupt eine Hepatitis? 

Hepatitis ist eine Entzündung der Leber. Das führt zu verschiedenen unangenehmen Symptomen, wie:

  • allgemeine Müdigkeit, Erschöpfung
  • Gelbfärbung der Haut und der Augen
  • Bauchschmerzen
  • Erbrechen, Durchfall
  • dunkler Harn
  • Vergrößerung der Leber
  • sehr hohe Leberenzymwerte

Wodurch kann eine Hepatitis ausgelöst werden?

Es gibt verschiedene sog. hepatrope Viren, also Erreger, die besonders die Leber angreifen; dazu zählen die Hepatitisviren A bis E, Cytomegalieviren, Epstein-Barr-Virus, Adenoviren und Gelbfiebervirus. Für Kinder relevant sind hier v. a. Hepatitis-A- und Adenoviren.

Bei Hepatitis A erfolgt die Übertragung durch verunreinige Nahrung oder Trinkwasser. Das Virus wird mit dem Stuhl ausgeschieden; daher kann auch beim Schwimmen in verschmutzen Gewässern eine Ansteckung erfolgen. Zu den zuvor beschriebenen Symptome können sich zusätzlich Fieber und Appetitlosigkeit gesellen. Die Erkrankung verläuft oft sehr mild und heilt folgenlos ab – und es gibt eine Impfung, die ab dem erstenLebensjahr verabreicht werden kann.

Die Übertragung von Hepatitis B erfolgt durch Blut, Speichel oder bei Sexualkontakt. Diese Erkrankung dauert länger und kann chronisch werden – dabei kann sich eine Leberzirrhose entwickeln. Gegen die Hepatitis B gibt es ebenfalls eine Impfung, die ab dem 3. Lebensmonat im Rahmen der Sechsfachimpfung dreimal verimpft wird.

Hepatitis C wird über Blut übertragen und kann ebenfalls chronisch verlaufen. Die Interferontherapie ist therapeutisch sehr wirksam.

Wie erfolgt die Diagnose?

Die vergrößerte Leber kann von dem Arzt/der Ärztin ertastet und mit einem Ultraschall genau erfasst werden. Bei einer Blutabnahme werden die erhöhten Leberenzyme festgestellt.

Warum sind diese neu aufgetretenen Hepatitis-Fälle so ungewöhnlich? 

Laut WHO sind derzeit etwa 700 neuartige Hepatitis-Fälle (Stand: Mitte Juni) bekannt, weitere werden untersucht. Die ersten Fälle sind in England Anfang des Jahres aufgetreten, aber auch in Österreich sind einige Kinder schwer erkrankt. Normalerweise verlaufen Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern sehr milde. Für kleine Kinder spielt meist Hepatitis A eine Rolle. Speziell für den Kindergarten oder für Reisen ist die Hepatitisimpfung immer schon sehr wichtig gewesen. Jetzt kam es aber zu so schweren Verläufen, die zum akuten Leberversagen führten und bei einigen Kindern sogar eine Lebertransplantation nötig machten. Gleichzeitig konnten die typischen Hepatitisviren nicht nachgewiesen werden.

Die betroffenen Kinder sind zwischen einigen Wochen bis zum 16. Lebensjahr alt. Derzeit werden Adenoviren vermutet, die aber normalerweise keine Leberentzündung verursachen. Die Adenoviren wurden jedoch nicht bei allen betroffenen Kindern nachgewiesen. Es gibt Überlegungen, inwieweit es mit der Coronapandemie zusammenhängt. Am wahrscheinlichsten ist es, dass die Kinder über einen derart langen Zeitraum wenige soziale Kontakte hatten und durch die Lockerungsmaßnahmen jetzt vielen Keimen gleichzeitig ausgesetzt sind. Dies hat man ja schon in Zusammenhang mit dem Humanen Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV Virus) letztes Jahr gesehen. Es kam zu einem Rebound-Phänomen, bei dem die Kinder ungewöhnlich häufig und heftig erkrankten. Diesbezüglich gibt es für die Forschung noch viele offene Fragen, die es zu klären gibt.

Was ist für Sie als Eltern wichtig? 

Suchen Sie bei folgenden Symptomen den Arzt/die Ärztin Ihres Vertrauens auf: bei starker Müdigkeit und Erschöpfung – z. B., wenn sich Ihr Kind freiwillig öfter ins Bett legt. Die Gelbfärbung der Augen und der Haut ist auch ein typisches Zeichen. Ein weiteres mögliches Indiz: Durchfall und Erbrechen – sie

können aber von verschiedenen Erregern verursacht werden; nicht jedes Bauchweh muss eine Hepatitis sein. Achten Sie auch auf den Harn: Ist er ungewöhnlich dunkel? Überprüfen Sie stets den Impfstatus Ihres

Kindes. Dabei kann auch die praktische, kostenlose „Apotheken und Medikamente in Österreich“-App helfen. Sie ist ein digitaler Impfpass, der Sie auch an empfohlene Impfungen erinnert.

Mein Rat abschließend: Seien Sie aufmerksam, aber machen Sie sich nicht verrückt.

Kontakt

Haben Sie Fragen?
Dr. Susanne Skriboth-Schandl ist Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde in 1040 Wien. Wenn Sie Fragen zum Thema haben, können Sie unsere Expertin kontaktieren:
praxis@skriboth.at
www.skriboth.at