Naturkosmetik hat einen guten Ruf und gilt häufig als „bessere“ Variante der herkömmlichen Kosmetik. Doch gerade natürliche Inhaltsstoffe sind nicht immer sanft zur Haut. Bei Babys und Kindern, empfindlicher Haut oder Allergien sollte der Blick auf die Inhaltsstoffe deshalb besonders kritisch sein.

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Wissenschaftlich betrachtet sind Naturkosmetik und klassische Kosmetik gleichwertig. Produkte aus beiden Kategorien müssen den Anforderungen der gültigen Gesetzgebung entsprechen, sicher und verträglich sein – und das unabhängig von der Natürlichkeit der verwendeten Rohstoffe. Dennoch genießt Naturkosmetik häufig einen besseren Ruf. Sie wird aus Rohstoffen hergestellt, die v. a. pflanzlicher und zum Teil mineralischer oder tierischer Herkunft sind. Zu den typischen Grundsubstanzen gehören z. B. Öle, Fette und Wachse wie Sheabutter, Mandelöl oder Bienenwachs. Auch ätherische Öle, Kräuterauszüge, Blütenextrakte und natürliche Aromen werden häufig eingesetzt.

Eine gesonderte rechtsverbindliche Definition für Naturkosmetika existiert derzeit nicht. Die Hersteller können sich jedoch den Richtlinien verschiedener Naturkosmetik-Zertifizierungsstellen unterwerfen und ihre Produkte mit den entsprechenden Labeln versehen lassen (s. Kasten unten). Bei den meisten sind Silikone, genetisch veränderte Organismen, synthetische Fette, Öle und Duftstoffe sowie Inhaltsstoffe auf Erdölbasis verboten.

Auf einige dieser Inhaltsstoffe zu verzichten, ist auch für Verbraucher:innen durchaus sinnvoll. Dazu gehören die aus Erdöl gewonnenen Mineralöle und Mineralölderivate wie Paraffin, synthetische Öle, Wachse oder Vaseline. Ihre Herstellung ist weniger umweltfreundlich, und sie sind teilweise nur schwer in Gewässern abbaubar. Zudem enthalten Mineralöle aromatische Kohlenwasserstoffe (MOAH und MOSH), die unter Verdacht stehen, krebserregend sein zu können, wenn sie in den Körper aufgenommen werden. Insbesondere bei Lippenstiften, aber auch bei Wundcremes kann dies problematisch sein.

Im Überblick: Naturkosmetik-Label

COSMOS-Standard
Internationaler Naturkosmetikstandard, der aus dem Zusammenschluss verschiedener europäischer Naturkosmetiksiegel hervorgegangen ist. Es garantiert, dass Paraffine, Erdölprodukte, Silikone, PEG, synthetische Duftstoffe, organisch-synthetische Lichtschutzfilter und Farbstoffe nicht eingesetzt werden. Gentechnisch veränderte Organismen dürfen weder als Inhaltsstoffe noch zur Herstellung von Inhaltsstoffen verwendet werden. Tierische Inhaltsstoffe sind verboten, wenn sie Bestandteil eines Tieres sind oder dessen Tötung erfordern.

NATRUE-Siegel
Das NATRUE-Siegel wurde von verschiedenen Naturkosmetikherstellern entwickelt. Es garantiert, dass auf Paraffine, Erdölprodukte, Silikone, PEG, synthetische Duftstoffe, organisch-synthetische Lichtschutzfilter und Farbstoffe verzichtet wurde. Der Einsatz natur-naher Stoffe, die durch chemische Reaktionen aus Naturstoffen gewonnen wurden, sind auf einen geringen Anteil beschränkt. Rohstoffe von toten Wirbeltieren sind verboten, von lebenden oder toten Insekten jedoch erlaubt.

Umstrittener Verzicht

Der Verzicht auf andere Inhaltsstoffe ist mitunter umstritten. Das gilt z. B. für Silikone. Naturkosmetikproduzenten verzichten auf ihren Einsatz, da sie auf Haut und Haaren lediglich aufliegen, ohne diese zu pflegen. In der konventionellen Kosmetik ist es jedoch mitunter genau dieser Effekt, der gewünscht ist. Silikone verhindern den Wasserverlust über die Oberfläche und helfen damit, Feuchtigkeit in Haut und Haaren zu erhalten. Sie sind zudem in der Lage, Poren und Falten aufzufüllen, sodass die Haut glatter und ebenmäßiger erscheint.

Auch viele wertvolle Inhaltsstoffe fallen unter die Kategorie „synthetisch“. Dazu gehören z. B. die Vitamine A, E oder C, die in Anti-Aging-Präparaten gezielt eingesetzt werden, der Feuchtigkeitsspender Hyaluronsäure sowie verschiedene Peptide, mit denen die Kollagensynthese stimuliert werden soll.

Alkohol als Konservierungsmittel

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Viele Hautärztinnen und -ärzte kritisieren den häufig hohen Alkoholanteil in naturkosmetischen Produkten. Dieser ist der Verpflichtung geschuldet, auf synthetische Konservierungsmittel zu verzichten. Allerdings wirkt Alkohol in hoher Konzentration austrocknend und reizend. Er kann die Hautbarriere nachhaltig stören und eine vorzeitige Hautalterung begünstigen.

Auch den gänzlichen Verzicht auf Konservierungsstoffe findet man im Bereich der Naturkosmetik. Allerdings handelt es sich hierbei in der Regel um selbst angerührte Cremes und Kosmetikprodukte. Verbraucher:innen sollten berücksichtigen, dass es ohne den Zusatz von Konservierungsstoffen schnell zur Verbreitung von Pilzen und Keimen im Produkt kommen kann. Hier ist es besonders wichtig, steril zu arbeiten und das Produkt später nur mit einem sauberen Spatel oder gründlich gewaschenen bzw. desinfizierten Händen zu entnehmen. Mitunter wird auch empfohlen, die Produkte im Kühlschrank zu lagern.

Vorsicht bei Allergien

Ein weiterer wichtiger Punkt der Naturkosmetik ist der Verzicht auf synthetische Duftstoffe. Verwendet werden stattdessen Pflanzenextrakte oder ätherische Öle. Sie werden eingesetzt, um unangenehme Gerüche des Produktes zu überdecken und eine Kundenbindung zu erzielen. Für den Körper macht es keinen großen Unterschied, ob ein Duftstoff natürlich oder synthetisch ist. Auch natürliche Duftstoffe können Hautreizungen und Irritationen verursachen. Zudem sind ätherische Öle neben fehlendem Sonnenschutz ein Hauptgrund für das Auftreten von Pigmentstörungen.

Auch wenn Naturkosmetikproduzenten gerne suggerieren, besonders sanfte Produkte herzustellen, sollten Sie im Hinterkopf behalten: Die Natur ist nicht immer sanft und nicht jedes Produkt ist für jede/n geeignet.

Pflanzenallergiker:innen sollten genau auf die Inhaltsstoffe achten, um allergische Reaktionen und Kreuzreaktionen zu vermeiden. Menschen mit empfindlicher Haut, Babys und Kleinkinder, sollten auf Produkte mit Alkohol und Duftstoffen möglichst verzichten.