Fast in jeder Sportart gibt es Mythen, die sich hartnäckig halten. Rund ums Thema Fitness ist die Dichte an Gerüchten jedoch besonders hoch. Manchmal ist an den Legenden tatsächlich etwas dran, aber sehr häufig handelt es sich um Aussagen, die nur einen Funken Wahrheit beinhalten oder sogar komplett aus der Luft gegriffen bzw. längst überholt sind. Wir wollen einigen dieser Fitness-Mythen auf den Zahn fühlen.

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Mythos 1: Fettverbrennung erst ab 30 Minuten Sport

„Die Fettverbrennung beginnt erst 30 Minuten nach Trainingsstart.“ Die gute Nachricht gleich vorweg: Diese Behauptung ist schlicht falsch. Auch in Ruhe werden Fettsäuren oxidiert, also unter Verwendung von Sauerstoff verstoffwechselt. Wie viel Fett man bei einer Aktivität tatsächlich verbrennt, hängt von der Intensität der körperlichen Anstrengung, dem Geschlecht, dem Alter, dem Fitnessniveau und der Verfügbarkeit anderer Energieträger ab, etwa davon, wie gut die Kohlenhydratspeicher gefüllt sind. Fakt ist: Jede Bewegung ist gesund. Wer Sport treibt, stärkt sein Herz-Kreislauf-System und senkt das Risiko für schwere Erkrankungen. Für Erwachsene wird empfohlen, 150 bis 300 Minuten moderate Bewegung oder 75 bis 150 Minuten intensives Training pro Woche durchzuführen. Auch eine Kombination aus beidem ist möglich und mehr ist natürlich immer in Ordnung. Moderate Bewegung bedeutet übrigens, dass man sich dabei theoretisch noch gut unterhalten kann.

Mythos 2: Fettverbrennung bedarf einer bestimmten Herzfrequenz

„Es muss eine bestimmte Herzfrequenz erreicht werden, um mehr Fett zu verbrennen.“ Auch diese Aussage stimmt so nicht. Prinzipiell gilt: Je schneller man läuft, desto mehr Energie wird pro Zeiteinheit verbraucht. Das heißt: Läuft man fünf Kilometer in 30 Minuten, verbrennt man genauso viele Kalorien wie jemand, der fünf Kilometer in 60 Minuten schafft, obwohl es doppelt so lange ist.

Mythos 3: Man muss bis zum Muskelkater trainieren

laufband_iStock-1289415836 - Mehr Muskelmasse bringt einen höheren Kalorienumsatz. Außerdem hilft eine gut trainierte Muskulatur auch bei Ausdauersportarten, Verletzungen zu vermeiden. - © iStock
Mehr Muskelmasse bringt einen höheren Kalorienumsatz. Außerdem hilft eine gut trainierte Muskulatur auch bei Ausdauersportarten, Verletzungen zu vermeiden. © iStock

Man stemmt Gewichte im Fitnessstudio und spürt am nächsten Tag jeden Muskel im Körper. Fühlt sich irgendwie gut und effizient an, aber ob ein Training erfolgreich ist, zeigt sich nicht unbedingt durch schmerzende Muskeln – ganz im Gegenteil. Muskelkater ist ein Signal von Überforderung. Dabei kommt es in der vollen Ausprägung zu Mikroschäden in der Muskulatur. Diese sind insbesondere für den Krafttrainingsreiz wichtig, der Muskel baut sich in der Folge auf. Es ist aber nicht erstrebenswert, immer einen Muskelkater zu haben. Körper und Muskeln brauchen immer wieder Zeit, sich zu erholen.

Richtig oder falsch? Mythen im Schnellcheck

Radfahren macht impotent
Falsch! Bislang gibt es keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür. Wichtig ist, die richtige Sattelhöhe und Haltung zu beachten. Andernfalls kann es tatsächlich zu Taubheitsgefühlen im Bereich der Genitalien kommen, die allerdings in der Regel nur kurz anhalten.

Musik erhöht die Leistung beim Training
Richtig! Das Hören von Musik verbessert tatsächlich die Leistung, steigert die Motivation, fördert eine effizientere Sauerstoffverwertung und mindert auch das Anstrengungsgefühl. Vorsicht ist allerdings beim Radfahren im Verkehr geboten!

Joggen schädigt die Gelenke und führt zu Arthrose
Falsch! Im Gegenteil, für gesunde Gelenke ist Joggen förderlich, da es die Produktion der Gelenkschmiere ankurbelt. Nur ein extremes Pensum wie bei Profiläufern kann zur Arthrose führen. Auch stark übergewichtige Personen sind gefährdet und sollten eher walken. Und allgemein allen Sportanfängern wird empfohlen, mit gut gedämpftem Schuhwerk zu beginnen.

Sport kann bei Depressionen und Angststörungen helfen
Richtig! Viele Studien haben nachweisen können, dass körperliche Aktivität antidepressive und angstlösende Effekte erzeugt. Regel-mäßige Bewegung kann also dabei helfen, psychische Erkrankungen zu vermeiden und/oder sie leichter zu überwinden.

Nur Untrainierte schwitzen viel
Falsch! Es verhält sich genau umgekehrt. Erst durch regelmäßiges Training kommt der Körper ins Schwitzen.

Mythos 4: Muskelkater ist schädlich

Es gibt aber auch genau den gegenteiligen Mythos, der behauptet: Muskelkater ist schädlich. Fakt ist: Wer Muskelkater nach dem Training bekommt, braucht sich keine Sorgen zu machen. Die Mikroverletzungen beim Muskelkater sind in keiner Weise bedenklich und heilen innerhalb weniger Tage vollständig aus. Kurzfristig werden während der Heilung der beschädigten Muskelteile auch bindegewebsartige Strukturen im Inneren des Muskels verstärkt, dadurch ist der Muskel vor einer neuerlichen Konfrontation mit einem ähnlichen Belastungsreiz besser geschützt. Wer neue Muskeln im Körper trainiert, wird vermutlich Muskelkater spüren.

Mythos 5: Erkältung mit Sport ausschwitzen

Man ist mittendrin im Training und dann kommt eine Erkältung. Das empfinden so manche als nervige Unterbrechung. Und so schlecht, dass man nicht mehr trainieren kann, fühlt man sich doch gar nicht. In diesem Fall ist Sport nicht hilfreich. Wenn man bereits eine Erkältung hat, kann Schwitzen natürlich helfen, aber dafür sorgt der Körper ganz von allein, etwa durch erhöhte Körpertemperatur. Durch Sport kommt es zwar auch zu einer Erhöhung der Körperkerntemperatur, aber meist erst bei einer Belastung, die so intensiv ist, dass unser Immunsystem durch die Anstrengung in den sogenannten Open-Window-Effekt fällt. Es wird durch die Anstrengung geschwächt, das bietet schädlichen Erregern ein Einfallstor.

Mythos 6: Seitenstechen ist ein Zeichen für falsches Atmen

„Wer Seitenstechen bekommt, atmet falsch“, sagt der Volksmund. Wissenschaftlich bewiesen ist das allerdings nicht. Die Ursachen für Seitenstechen sind immer noch nicht restlos geklärt. Es hat nicht unbedingt damit zu tun, dass man untrainiert ist, denn auch trainierte Athleten kennen das Gefühl von Seitenstechen. Dieser Schmerz tritt häufig auf, wenn man zu knapp vor dem Training gegessen oder auch zu viel getrunken hat, vor allem wenn es kohlensäurehaltige Getränke waren. Wer Seitenstechen beim Sporteln bekommt, sollte das Tempo verlangsamen und sich mehr Zeit fürs Aufwärmen nehmen.

Mythos 7: Vor dem Sport muss man dehnen

Vor dem Training oder nachher dehnen? Im Grunde genommen kommt es darauf an, welche Sportart betrieben wird. Als Sprinter zum Beispiel ist dynamisches, aktivierendes Dehnen erwünscht, um den Muskel auf die zukünftige Bewegung ideal vorzubereiten. Dynamisches Dehnen bedeutet nämlich, dass man mehrmals in eine Position hinein- und wieder hinausgeht. Es senkt den Muskeltonus nicht, die Muskulatur wird besser durchblutet, aktiviert und auf die Belastung vorbereitet. Beim statischen Dehnen wird die Dehnposition länger gehalten, sodass die Spannung des Muskels abnimmt und der Muskeltonus gesenkt wird. Dies ist besonders bei der Gymnastik und auch in Regenerationsphasen erwünscht. Es fördert die Beweglichkeit und vermindert Gelenkprobleme.

Mythos 8: Krafttraining macht Frauen zu Bodybuilderinnen

Eine der häufigsten Ängste von Frauen beim Fitnesstraining: auszusehen wie eine Bodybuilderin. Frauen machen Ausdauertraining, Männer heben Gewichte – dieses Klischee kennen viele. Erstaunlich viele Frauen fürchten sich davor, dass sie durch Krafttraining zu schnell zu viel Muskelmasse aufbauen. Diese Angst ist aber vollkommen unbegründet. Ja, Frauen können genauso wie Männer mit der richtigen Ernährung und der richtigen Trainingsintensität einen starken Muskelzuwachs erlangen. Aber sie werden dadurch nicht zu Bodybuilderinnen. Bei dieser Annahme wird übersehen, dass Bodybuilding Leistungssport ist. 99 Prozent der Hobbysportlerinnen werden nie die Intensität und Frequenz erreichen, um so auszusehen. Mehr Muskelmasse macht unter anderem deshalb Sinn, weil es einen höheren Kalorienumsatz bringt. Außerdem hilft eine gut trainierte Muskulatur auch bei Ausdauersportarten, Verletzungen zu vermeiden.