Worin unterscheiden sich Abszesse, Furunkel und Co.? Wir klären die wichtigsten Begriffe und haben den Dermatologen Dr. Izak Johannes Bisschoff im Interview nach seinen Tipps gefragt.

Artikel drucken

Gut zu wissen:

Drückende Schmerzen beim Gehen, Sitzen, Liegen. Die Stelle ist geschwollen und pocht. Sogar Fieber kann auftreten. Kann das ein Abszess sein? Generell gilt bei Beulen auf der Haut: Finger weg, im Zweifel zum Arzt.

Wie sich Abszesse, Furunkel, Karbunkel, Fisteln und Acne inversa unterscheiden:

  • AbszesseEin Abszess ist eine abgekapselte Eiteransammlung, die häufig ihren Ausgang von Hautdrüsen nimmt. Oft werden sie durch bakterielle Infektionen ausgelöst und sind mit starken Schmerzen verbunden, da der sich sammelnde Eiter Druck auf das umliegende Gewebe ausübt. Das betroffene Gebiet ist geschwollen, gerötet und eventuell auch warm. Abszesse können überall am und im Körper auftreten. Vor allem unter den Achseln, im Gesicht, auf dem Rücken aber auch im Anal- und Intimbereich tauchen sie vermehrt auf. Kommt es zu solchen Eiteransammlungen, werden sie zunächst mit Zugsalben und/oder Antibiotika behandelt. Die Salbe „zieht“ die Entzündung an die Hautoberfläche und sorgt für schnellere Heilung. Wiederkehrende Abszesse im Intimbereich sprechen für eine Krankheit, die leider viel zu häufig übersehen wird: Acne inversa.
  • Furunkel & KarbunkelGeht ein Abszess von den Haarwurzeln aus, sprechen Ärzte von einem Furunkel. Sie sind bis in die Lederhaut reichende Haarbalginfektionen. Ist der Haarbalg nicht nur entzündet, sondern auch verstopft, breitet sich die Entzündung in tiefere und umliegende Gewebe aus. Karbunkel sind mehrere ineinandergreifende Furunkel.
Abszesse auf Achsel_Haut_shutterstock_1701645712 - Abszesse tauchen häufig unter den Achseln auf. - © Shutterstock
Abszesse tauchen häufig unter den Achseln auf. © Shutterstock
Salbe_shutterstock_769881403 - Eine Akutbehandlung umfasst häufig den Einsatz einer Zugsalbe oder eine kurze Antibiotikakur. Oft braucht es jedoch eine langfristige Therapie. - © Shutterstock
Eine Akutbehandlung umfasst häufig den Einsatz einer Zugsalbe oder eine kurze Antibiotikakur. Oft braucht es jedoch eine langfristige Therapie. © Shutterstock
Abszell auf Schulter_Bitte nicht herumdrücken_shutterstock_1582633522 - Auf keinen Fall sollte man selbst an Abszessen herumdrücken. - © Shutterstock
Auf keinen Fall sollte man selbst an Abszessen herumdrücken. © Shutterstock
  • FistelnEin Abszess entsteht oft auch am Steißbein – meist im Zusammenhang mit einer Steißbeinfistel. Fisteln sind unnatürliche, röhrenartige Gänge, die sich im Körper bilden können. Wenn ihr Ausgang an die Körperoberfläche führt, kann es zu Beschwerden wie Rötung, Schwellung, Schmerzen und Druckgefühl kommen. Meist ist eine Operation notwendig.
  • Acne inversaAcne inversa ist eine chronische, entzündliche und nicht ansteckende Hauterkrankung. Anders als der Name vermuten lässt, hat sie nichts mit der „klassischen“ Akne (Acne vulgaris) zu tun. Obwohl viele Menschen betroffen sind, ist die Acne inversa relativ unbekannt. Neben den Schmerzen macht vielen Betroffenen auch Scham zu schaffen – denn die Krankheit ist meist nicht auf den ersten Blick zu sehen. Acne inversa tritt vor allem in Hautfalten – zum Beispiel im Achsel- und Genitalbereich – auf. Die Abzesse, die bei Acne inversa auftreten, sind nicht einfach „nur Pickel“, sie sind sehr hartnäckig und mit starken Schmerzen verbunden; Narben sind oft die Folge. Acne inversa ist für Betroffene sehr belastend und kann die Lebensqualität massiv einschränken.

DA-Experten-Interview mit Dr. Izak Johannes Bisschoff:

DR. IZAK JOHANNES BISSCHOFF_186A7731-(C) derdetter.at - Dr. Izak Johannes Bisschoff, Facharzt für Dermatologie und Venerologie, Wien. - © www.derdetter.at
Dr. Izak Johannes Bisschoff, Facharzt für Dermatologie und Venerologie, Wien. © www.derdetter.at

Wir haben mit dem Fachazt für Dermatologie Dr. Izak Johannes Bisschoff über Abzsesse sowie Acne inversa und die Bedeutung einer konsequenten Therapie durch einen Spezialisten gespochen.

Deine Apotheke: Der Leidensdruck kann bei Furunkeln und Abszessen groß sein. Was können Patienten selbst und was sollten sie auf gar keinen Fall tun?

Dr. Izak Johannes Bisschoff: Wenn man zu Furunkeln und Abszessen neigt, ist es wichtig, die Trigger zu vermeiden: Nassrasur, enge Kleidung und Stress können Entzündungen auslösen. Eine ausgewogene Ernährung ist eine weitere Maßnahme, die man selbst ergreifen kann. Auf keinen Fall sollte man selbst an den Abszessen herumdrücken – dadurch kommt es meistens zu einer Verteilung der Bakterien in die Tiefe und damit zu einer Verschlimmerung. Bei einem schmerzhaften Abszess empfiehlt sich, einen fachkundigen Arzt aufzusuchen, um eine adäquate Therapie einzuleiten. Je schneller man damit startet, umso besser.

Wie kann man Furunkel und Abszesse durch die Ernährung beeinflussen?

Wie bereits erwähnt, ist eine gesunde Ernährung sehr wichtig. Manche Patienten bemerken eine Besserung durch das Weglassen bestimmter Nahrungsmittel wie zum Beispiel Nachtschattengewächse oder Schweinefleisch. Hier empfehlen sich eine Ernährungsberatung und Ausschluss von Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Sonst wird eine basische Ernährung empfohlen. Auch Bewegung und Stressabbau sind wichtig. Wir wissen auch, dass Rauchen eine wichtige Rolle in der Entstehung von Abszessen und Beulen spielt. Daher wird Rauchern empfohlen, ihren Konsum zu reduzieren oder am besten ganz aufzuhören.

Gibt es bei der Körperpflege bestimmte Dinge zu beachten?

Wichtig ist, Reizungen zu reduzieren. Wie gesagt, auf Nassrasuren sollte eher verzichtet werden. Eine konsequente Pflege hilft, die Haut geschmeidig und gesund zu halten. Wir empfehlen unseren Patienten im Rahmen eines ganzheitlichen Therapieplans auch eine auf den Hauttyp abgestimmte Pflege. Es gibt bestimmte Produkte, zum Beispiel mit Microsilber, die die Bakterienlast minimieren und sich so vorteilhaft auf die Entzündungen auswirken. Bestimmte Arten von Deos und aggressive Seifen sollten nicht verwendet werden.

Warum treten Furunkel & Co. bei manchen Menschen häufiger auf?

Die Erkrankung ist gar nicht so selten. Man schätzt, dass circa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung unter Abszessen und Beulen leiden. Obwohl die Ursache noch nicht ganz geklärt ist, wissen wir, dass Acne inversa oder chronische Furunkel eine genetische Ursache haben, und Familienmitglieder von Betroffenen auch häufig erkranken. Patienten mit Acne inversa leiden auch häufig an anderen Autoimmunerkrankungen wie Schuppenflechte, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises oder entzündliche Darmerkrankungen, zum Beispiel Morbus Crohn. Stress und Rauchen spielen – wie bereits erwähnt – auch eine wichtige Rolle. Wahrscheinlich wird durch sie das Mikrobiom negativ beeinflusst, wodurch es zu fehlgesteuerten Immunreaktionen kommt.

Acne inversa ist eine chronische Erkrankung und hat nichts mit der „normalen“ Akne zu tun. Wie kann man den Patienten helfen? Worin liegen die Schwierigkeiten?

Richtig, Acne inversa ist eine ganz eigene Erkrankung. Die Medikamente für Akne helfen kaum oder gar nicht bei Acne inversa. Acne inversa betrifft meistens Bereiche mit apokrinen Schweißdrüsen (Achselhöhle, Leisten, Genitalbereich). Betroffene leiden häufig unter Schamgefühlen und suchen spät Hilfe. Häufig wenden sich Patienten auch nur im Schub an einer Akutsprechstunde oder Notfallaufnahme. Hier bekommen sie dann eine Akutbehandlung, häufig eine Zugsalbe oder kurze Antibiotikakur. Hier kann leider keine langfristige Therapie eingeleitet werden, und die Maßnahmen helfen – wenn überhaupt – nur kurzfristig. Die Erkrankung ist komplex und bedarf einer stadiengerechten Behandlung. Nur so kann man rechtzeitig handeln und Spätfolgen wie Vernarbungen vorbeugen. Die Erkrankung ist leider nach wie vor nicht heilbar. Ich höre häufig von Patienten – „Man kann ja eh nichts machen“. Das stimmt so zum Glück nicht!

Je nach Schweregrad stehen verschiedene Therapieoptionen zur Auswahl. Für milde und moderate Schweregrade machen wir gute Erfahrungen mit der lAight®-Therapie. Diese nutzt eine Kombination aus elektromagnetischen Wellen, Licht und Radiofrequenz. Es existiert umfangreiche Literatur im Hinblick auf die Effektivität und Sicherheit der Einzelkomponenten. Durch die Therapie kommt es zu deutlicher Schmerzlinderung und Verbesserung der Lebensqualität.

Für schwere Fälle gibt es bereits zugelassene Spritzentherapien mit Antikörpern – und auch weitere Therapien werden gerade klinisch getestet. Bei manchen Patienten empfehlen wir auch eine Operation. Hier wird befallenes Gewebe chirurgisch entfernt. Der Eingriff ist meistens größer, wird stationär durchgeführt und führt zu längeren Ausfallzeiten. Leider kommt es auch nach größeren Eingriffen trotzdem häufig zu erneutem Auftreten von Beulen und Abszessen in umliegendem Gewebe.

Wie können Apotheker helfen?

Mir ist wichtig, dass der Erkrankung Aufmerksamkeit geschenkt wird und diese nicht nur kurzfristig mit Zugsalbe oder Antibiotika behandelt wird. Kombiniert mit dem manchmal fehlenden Wissen über Therapiealternativen und dem Schamgefühl der Patienten, werden viele Patienten sehr spät oder gar nicht therapiert. Ich freue mich, wenn Patienten das Gespräch mit dem Apotheker suchen, der dann eine Empfehlung zur dermatologischen weiteren Abklärung ausspricht.

Ebenso wende ich mich an andere ärztliche Fachgruppen, insbesondere natürlich Gynäkologen. Patienten mit Acne inversa können nicht geheilt werden, aber es kann mit gezielter Therapie eine Verbesserung erreicht werden.

Gibt es sonst noch Tipps, die Sie unseren Lesern mitgeben wollen?

Ich empfehle jedem Betroffenen, sich einen Arzt zu suchen, der Experte auf dem Gebiet ist. Die Therapie wird sich über viele Jahre ziehen; hier braucht man einen fachkundigen Wegbegleiter.

Danke für das Gespräch.