Bauchschmerzen, häufiger Durchfall, Kraftlosigkeit, Gewichtsverlust - Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung kann es phasenweise sehr schlecht gehen. Um die Krankheit möglichst gut unter Kontrolle zu bekommen, sind eine schnelle Diagnose und ein früher Therapiebeginn notwendig.

Artikel drucken

Unter dem Oberbegriff chronisch entzündliche Darmerkrankungen (kurz: CED) fassen die Experten alle Krankheiten zusammen, die Entzündungen im Magen-Darm-Trakt verursachen und schubweise verlaufen. Schätzungen zufolge sind in Österreich 40.000 bis 80.000 Menschen betroffen. Die meisten von ihnen leiden unter Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Obwohl beide Krankheiten in einer großen Gruppe zusammengefasst werden, sind sie doch sehr unterschiedlich.

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

  • Morbus Crohn kann den gesamten Magen-Darm-Trakt vom Mund bis zum After betreffen und zu Symptomen wie Bauchschmerzen, Durchfall, Gewichtsabnahme, Lethargie und Appetitlosigkeit führen. Besonders häufig findet sich die Entzündung am Ende des Dünndarms mit Übergang zum Dickdarm.

    Typisch für Morbus Crohn ist, dass entzündete Darmabschnitte nicht zusammenhängen, sondern krankhaft veränderte und gesunde Bereiche einander abwechseln. An den entzündeten Stellen sind sämtliche Darmschichten befallen. Zudem können sich Eitereinschlüsse (Abszesse) bilden, die Entzündung bis in benachbarte Gewebe vordringen (Fisteln) oder narbige Verengungen des Darms (Stenosen) entstehen, die ein chirurgisches Eingreifen erforderlich machen.
  • Colitis ulcerosa beschränkt sich auf die oberste Schicht des Darms. Allerdings kann sich die Entzündung vom Rektum ausgehend kontinuierlich ausbreiten. Hauptsymptome sind blutig-schleimiger Durchfall, Schmerzen beim Stuhlabsetzen und Fieber.

Beide Krankheiten betreffen Frauen und Männer gleichermaßen und manifestieren sich häufig zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahrzehnt. Bei Kindern galten sie lange als seltene Erkrankung, treten in den letzten Jahren aber immer häufiger auf. Betroffen sind vor allem Kinder in Industrieländern, über die Ursache rätseln Wissenschafter derzeit noch.

Eine komplexe Darmbarrierestörung

CED Illustration Darm - © Shutterstock
© Shutterstock

Lange galten CED als klassische Autoimmunerkrankungen, inzwischen ist diese Annahme jedoch überholt. Mediziner sprechen heute von einer komplexen Darmbarrierestörung, deren Grundlage ein kompliziertes Zusammenspiel aus Genen, Umweltfaktoren, Immunsystem und Darmmikrobiom ist. Wie genau die einzelnen Puzzleteile ineinandergreifen, ist noch nicht vollständig bekannt.

Erste Erfolge beim Lösen des Rätsels konnten aber bereits erzielt werden. So kennt man inzwischen verschiedene Gene, die das Risiko einer CED erhöhen. Bekannt ist auch, dass Gene allein nicht ausreichen, um die Krankheit auszulösen. Dafür werden Umweltfaktoren benötigt. So ist zum Beispiel Tabakrauchkonsum ein wesentlicher Risikofaktor für den Ausbruch sowie für komplizierte Verläufe von Morbus Crohn. Als weitere auslösende Umweltfaktoren gelten derzeit gastrointestinale Infektionen, früher und wiederholter Einsatz von Antibiotika, Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika, frühes Abstillen und im Fall der Colitis ulcerosa eine Blinddarmentfernung.

Viele CED-Patienten haben eine veränderte Darmflora

Die Entzündung selbst wird durch ein Wechselspiel zwischen Darmmikrobiom und Immunsystem aufrechterhalten. Viele CED-Patienten haben eine veränderte Darmflora. Ihr Mikrobiom ist weniger variabel, und die Zahl bestimmter Mikroorganismen ist erhöht. Das führt dazu, dass die natürliche Barrierefunktion der Darmwand gestört ist und Bakterien sowie andere Krankheitserreger leichter eindringen können. Der Körper reagiert darauf mit einer Abwehrreaktion, die wiederum eine Entzündungsreaktion hervorruft.

Rasche Diagnose

CED Darm - Bei anhaltenden Beschwerden ist eine rasche Abklärung zu empfehlen - je eher im Falle einer CED eine Therapie eingeleitet wird, desto besser. - © Shutterstock
Bei anhaltenden Beschwerden ist eine rasche Abklärung zu empfehlen - je eher im Falle einer CED eine Therapie eingeleitet wird, desto besser. © Shutterstock

Obwohl inzwischen bekannt ist, dass ein früher Therapiebeginn den Krankheitsverlauf bei CED positiv beeinflusst, haben viele Patienten zum Zeitpunkt ihrer Diagnose bereits einen langen, oft mehrere Jahre andauernden Leidensweg hinter sich. Experten raten deshalb, einen auf CED spezialisierten Gastroenterologen aufzusuchen, wenn die Beschwerden anhalten.

Die notwendigen Untersuchungen werden in der Regel ambulant durchgeführt und bestehen aus einer laborchemischen, endoskopischen und radiologischen Diagnostik, einer mikrobiologischen Analyse von Stuhlproben, einer körperlichen Untersuchung sowie einer ausführlichen Anamnese. Eine gute ärztliche Betreuung zu finden, ist nicht nur für die Diagnose, sondern auch für die weitere Behandlung wichtig. Denn nach einer gesicherten Diagnose muss die klinische Aktivität in regelmäßigen Abständen erfasst und die Therapie dementsprechend angepasst werden.

Personalisierte Therapie

Das therapeutische Vorgehen bei CED gliedert sich in zwei Teile: Maßnahmen zum Erreichen eines Krankheits-Stillstands und Strategien zum Stabilisieren eines guten Zustands. Während eines akuten Schubes sind die Beschwerden für die Betroffenen oft stark belastend. In dieser Phase zielt die Behandlung zunächst auf die Linderung der Symptome ab. Langfristig soll die Therapie die Entzündung hemmen, die Darmschleimhaut heilen, weitere Schübe verhindern und bleibende Schäden am Magen-Darm-System vorbeugen.

Um dies zu erreichen, stehen verschiedene Medikamente, operative Eingriffe und unterstützende Maßnahmen wie beispielsweise Ernährungstherapien oder eine psychologische Behandlung zur Verfügung. Welche Therapie für den einzelnen Patienten am besten geeignet ist, können Arzt und Patient nur gemeinsam entscheiden. Experten raten, möglichst individuell vorzugehen. So sollte bei jedem Betroffenen der Krankheitsverlauf, genetische und immunologische Faktoren, die Lokalisation und Ausdehnung der Entzündung und bei Kindern die Wachstumsphase in die Therapie-Entscheidung einfließen.