Sehstörungen sind eine der möglichen Folgen von Diabetes. Dafür ist ein verringerter Sauerstofftransport in die Netzhaut verantwortlich, wie eine klinische Studie mit Patient:innen im Alter von durchschnittlich 65 Jahren bestätigt.

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Wiener Forschern gelang erstmals die Bestätigung eines vermuteten Zusammenhangs: Verminderter Sauerstofftransport in die Netzhaut aufgrund von Schäden an den feinen Blutgefäßen führt zu diabetischer Retinopathie. Diese Netzhautschädigung ist eine häufige Komplikation bei Diabetes, die letztlich zur Erblindung führen kann. Schon bevor sich die Sicht verschlechtert, ist der Gasaustausch im Auge eingeschränkt.

Geschädigte und überforderte Mikrogefäße

Diabetische Retinopathie ist heute die häufigste Ursache für Erblinden in Industrienationen. Die verbreitete Komplikation am Auge tritt bei rund der Hälfte der Patient:innen mit Diabetes Typ 2 auf, die lange erkrankt und/oder schlecht eingestellt sind. Der hohe Blutzuckerspiegel schädigt die Blutgefäße, sodass diese ihre Arbeit nicht mehr machen können. Zwar reagiert der Körper auf den Sauerstoffmangel in der Netzhaut, indem er neue Blutgefäße bildet, doch sind diese nicht funktionstüchtig und schränken das Sehvermögen zunehmend ein. Weil Diabetes Typ 2 weiter stark auf dem Vormarsch ist, steigt in absehbarer Zeit auch die Zahl der Fälle mit dieser Folgeerkrankung.

9,3 Prozent der weltweiten Bevölkerung sind Diabetiker

Der Atlas der International Diabetes Federation (IDF) schätzt, dass im Jahr 2019 weltweit 9,3 Prozent der Bevölkerung, das entspricht 463 Millionen Menschen, an Diabetes erkrankt waren – vor allem in Städten und in Ländern mit höherem Durchschnittseinkommen. Diese Zahl soll bis 2030 auf 10,2 Prozent (578 Millionen) steigen. Es dauert oft, bis die Diagnose gestellt wird: Eine:r von zwei an Diabetes Erkrankten weiß nichts davon.

Studie mit 70 Diabetes-Typ-2-Patient:innen

Gerhard Garhöfer von der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der Medizinischen Universität Wien hat in der vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Studie Typ-2-Diabetiker:innen ohne und mit unterschiedlich stark fortgeschrittener Netzhautschädigung untersucht. Die 70 Diabetes-Typ-2-Patient:innen waren im Schnitt 65 Jahre alt und wurden mit einer 20-köpfigen Kontrollgruppe ohne Diabetes verglichen.

Da die Sauerstoffaufnahme aus dem Blut ins Gewebe nicht direkt gemessen werden kann, wurden Blutfluss (Durchblutung) und Sauerstoffsättigung in der Netzhaut der Patient:innen berührungslos gemessen.

Ziel: Hochrisikopatient:innen identifizieren

Die Untersuchungen belegen den bisher nur vermuteten Zusammenhang deutlich: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass mit zunehmender Schwere der Erkrankung immer weniger Sauerstoff den Weg vom Blut ins Gewebe findet. Andererseits zeigte sich, dass auch bei Typ-2-Diabetiker:innen, die noch keine sichtbaren Veränderungen der Netzhaut zeigten, bereits weniger Sauerstoff den Weg in die Retina findet. Bevor sie klinisch diagnostizierbar waren, war also der Gasstoffwechsel bereits gestört“, so der Augenarzt Gerhard Garhöfer. Ihm zufolge können die gemessenen Parameter dabei helfen, Hochrisikopatient:innen zu identifizieren und im Hinblick auf Therapie und deren Einhaltung besser zu schulen.

red