Wie sich mit köstlichen Wintergerichten Wohlbefinden und Gesundheit fördern lassen und kalte Hände und Füße endlich der Vergangenheit angehören.

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Brr – ist das kalt! Schnell nach Hause und Vitamine tanken, damit einem das feucht-kalte Wetter nichts anhaben kann. Doch irgendwie hilft der frisch gepresste Orangensaft nicht wirklich gegen das Frösteln und die Eisfüße. Und auch das Joghurt mit frischen Früchten punktet zwar mit einer Extraportion an wertvollen Vitaminen, so richtig wohlig fühlt sich das an einem kalten Wintertag aber nicht an im Bauch. Was dem Körper im Sommer guttut und ihn erfrischt, kann in der kalten Jahreszeit bestehende Kältegefühle verstärken. Warum das so ist, erklärt die Wiener Ernährungswissenschaftlerin und TCM-Expertin Dr.in Claudia Nichterl: „Wir haben in den verschiedenen Jahreszeiten unterschiedliche Ernährungsbedürfnisse. Das Gespür dafür, was uns zu welcher Zeit guttut, ist vielen Menschen abhandengekommen.“ In der 5-Elemente-Küche, der praktischen Umsetzung der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) für die westliche Küche, gilt der Grundsatz: „Was zu einer bestimmten Zeit bei uns wächst, tut auch unserem Körper gut.“ Heißt in der Praxis: Bei eisigen Temperaturen lieber zu heimischem Wintergemüse, Wintersalaten, Wildfleisch, Nüssen, Maroni und Trockenobst greifen anstatt zu Zitrusfrüchten, Joghurt und Rohkost. Durch eine bewusste Auswahl regionaler und saisonaler Zutaten, am besten in Bioqualität, kommt man gut gewärmt und gesund durch die kalte Jahreszeit.

5-Elemente-Küche: Darum geht’s!

„In der TCM werden den Jahreszeiten die fünf Elemente Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser zugeordnet, die gleichzeitig einen bestimmten Geschmack und bestimmte Organe unseres Körpers repräsentieren“, erklärt TCM-Expertin Nichterl. Außerdem orientiert sich die 5-Elemente-Küche an der Philosophie von Yin und Yang. Yin steht für die passive, weibliche Energie und Yang für die aktive, männliche Energie. „Je nachdem, wie viel Yin oder Yang sie enthalten, verhalten sich die Lebensmittel im Körper heiß, warm, neutral, erfrischend oder kalt.“ Befinden sich Yin und Yang im Gleichgewicht bzw. sind Körper, Seele und Geist in Balance, spricht die TCM von Gesundheit. Krankheiten stören das Gleichgewicht der beiden Kräfte. Die 5-Elemente-Küche kann dabei helfen, die Balance wieder herzustellen bzw. bereits vorbeugend zu wirken. Kalorien, Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Fettgehalt von Gerichten spielen in der 5-Elemente-Küche übrigens keine Rolle. Was zählt, ist die Wirkung der Speisen auf den Körper. Ziel ist es, den Körper durch die Wahl der richtigen Nahrungsmittel und die entsprechende Zubereitung mit reichlich Qi (Lebensenergie) zu versorgen und ihn so bestmöglich für die Anforderungen des Alltags zu wappnen.

Was die Oma noch wusste

TCMistock2 - Bei eisigen Temperaturen lieber zu heimischem Wintergemüse, Wintersalaten, Wildfleisch, Nüssen, Maroni und Trockenobst greifen anstatt zu Zitrusfrüchten, Joghurt und Rohkost. - © iStock
Bei eisigen Temperaturen lieber zu heimischem Wintergemüse, Wintersalaten, Wildfleisch, Nüssen, Maroni und Trockenobst greifen anstatt zu Zitrusfrüchten, Joghurt und Rohkost. © iStock

Vieles von dem, was in der 5-Elemente-Küche gelehrt wird, wussten und praktizierten unsere Vorfahren intuitiv. Wer an die Winterküche der eigenen Großmutter denkt, wird sich wohl kaum an Mozzarella mit Tomaten oder Müsli mit Joghurt, sondern an wärmende Speisen wie die hausgemachte Hühnersuppe, den kräftigen Eintopf mit Wurzelgemüse oder den duftenden Bratapfel erinnern. Gekocht wurde das, was man im Keller über Monate lagern konnte, was im eigenen Garten angebaut wurde bzw. was bei regionalen Bauern am Markt erhältlich war. Doch auch in der heutigen Zeit, in der Lebensmittel aus allen Ecken der Welt ganzjährig verfügbar sind, kann es mit einfachen Tipps gelingen, die Tradition der TCM bzw. das Wissen der Oma in die eigene Küche einfließen zu lassen. Gerade wer ständig mit kalten Händen und Füßen zu tun hat und sich von einer Erkältung zur nächsten schleppt, kann von der wärmenden Wohlfühlküche profitieren, die nicht nur schmeckt, sondern auch das Immunsystem unterstützt.

Warm in den Tag starten

Wenn einem das nass-kalte Wetter förmlich in die Knochen kriecht und man sich trotz vieler Kleidungsschichten den ganzen Tag nicht aufwärmen kann, lohnt sich ein Frühstücks-Check. Joghurt mit Müsli, Smoothie und Marmeladebrot sollten in der kalten Jahreszeit durch wärmende Speisen ersetzt werden, um die innere Heizung bereits am Morgen in Schwung zu bringen. Ein idealer Start in den Tag ist laut Nichterl gekochtes Getreide: „Es ist bekömmlich, liefert wertvolle Energie, verhindert Süßgelüste, weil es ,die Mitte‘ nährt, und es gibt zahlreiche Sorten zur Auswahl.“ Besonders wärmend wirken laut TCM Hafer, Grünkern und Süßreis, am besten in Kombination mit gekochtem Obst, Nüssen und Gewürzen wie Zimt oder Ingwer. Frühstücksvarianten wie Haferflocken-Porridge oder Hirsebrei lassen sich für mehrere Tage vorkochen und sparen somit Zeit am Morgen. Die wärmende Wirkung von Hafer kann zusätzlich verstärkt werden, indem man die Flocken in einer Pfanne ohne Fett kurz anröstet. Ebenfalls gut vorbereiten lässt sich Kompott aus heimischem Obst. Wird es heiß in saubere Marmeladengläser abgefüllt, ist es im Kühlschrank gut lagerbar. Wer auf Mandarine, Orange & Co nicht ganz verzichten möchte, sollte sie mit gekochtem Getreide kombinieren. So passen etwa Orangenfilets zu einem Hirseauflauf oder Mandarinenspalten zum Haferbrei. Bananen wirken weniger kühlend und schmecken köstlich, wenn sie kurz in Butter angebraten werden.

Besonders junge Frauen, die ständig mit kalten Extremitäten und Kältegefühl in der Nierengegend zu tun haben, profitieren von einem gekochten Frühstück, das satt macht und Körper, Geist und Seele wärmt.

Wissenswertes: Wärme auf dem Teller

Mit diesen Nahrungsmitteln kommt man gut gewärmt durch den Winter:

  • Getreidesorten: Dinkel, Hafer, Langkornreis, Roggen
  • Gemüse: Fenchel, Frühlingszwiebel, Rettich, Grünkohl, Rotkraut, Kürbis, gelbe Rüben, Karotten, Lauch, Pastinaken, Zwiebel, Rote Rüben
  • Fleisch: Fasan, Hirsch, Huhn, Lamm
  • Gewürze: Anis, Knoblauch, Zimt, Nelken, Pfeffer, Curry, Chili, Ingwer, Fenchelsamen, Lorbeer, Schnittlauch, Wacholderbeeren
  • Nüsse und Samen: Haselnüsse, Walnüsse, Maronen
  • Öle: hochwertige kaltgepresste Öle zum Verfeinern wie Lein-, Walnuss-, Haselnuss- und Kürbiskernöl
  • Hülsenfrüchte: Linsen, Kichererbsen
  • Trockenfrüchte: Aprikosen, Datteln, Feigen, Rosinen, Preiselbeeren, Cranberries
  • Heimisches Superfood Kren: Kren ist eine hervorragende heimische Alternative zu Ingwer. Er ist gut für die Immunabwehr, die Atemwege und das Herz-Kreislauf-System. Frisch gerieben passt die scharfe Wurzel z. B. auf Gemüsesuppen oder ein Risotto.

Lebenselixier Kraftsuppe

„Eines der wichtigsten Dinge im Winter sind Kraftsuppen“, berichtet die Ernährungswissenschaftlerin und animiert dazu, sich wieder öfter auf die traditionellen Rezepte der Großmütter zu besinnen. Kraftsuppen sind reich an wertvollen Inhaltsstoffen wie Vitaminen, Aminosäuren, Gelatine und Kollagen und helfen dabei, den Darm gesund zu halten und das Immunsystem zu stärken. Auch in Sachen Nachhaltigkeit haben Kraftsuppen die Nase vorne. Aus heimischem Wurzelgemüse und Teilen, die sonst häufig im Abfall landen, sprich Knochen, Hälse, Rücken und Haut, lassen sich köstliche Suppen zaubern. Einmal gekocht, kann man die Kraftsuppe vielfältig weiterverarbeiten. Wer die Suppe auf Vorrat kochen möchte, kann sie noch heiß in sterilisierte Gläser füllen und im Kühlschrank lagern. Die Ausrede „dafür fehlt mir die Zeit“ lässt Nichterl, wenn es um die Zubereitung von Kraftsuppen geht, nicht gelten: „Eine Spielfilmlänge reicht aus, um sich eine Suppe für die Woche vorzukochen.“ Also am besten das Suppenkochen genauso zum wöchentlichen Fixpunkt machen wie den Sonntagskrimi.

Bei zu viel Hitze

Während die Heißmacher aus der TCM-Küche für junge Frauen perfekt geeignet sind, können Chili, Zwiebel und Ingwer in den Wechseljahren zu viel des Guten sein. „Scharfe Gewürze und Ingwertee würde ich Frauen im Wechsel nicht empfehlen, weil sie Hitzezustände weiter befeuern können“, so der Rat der TCM-Expertin. Auch bei „Magenhitze“, die etwa bei Sodbrennen oder Gastritis auftritt, ist bei zu stark erhitzenden Gewürzen Vorsicht geboten. Hier können Wintersalate, die mit gekochten Zutaten vermischt werden, eine gute Alternative zu heißen Kraftsuppen sein. Köstliche Salate lassen sich z. B. aus roten Rüben oder Sellerie kreieren, die mit Nüssen, Maroni, gekochten Hülsenfrüchten oder einem Räucherforellenfilet perfekt harmonieren.

TCM: Ernährung nach der 5-Elemente-Lehre

Holz

Jahreszeit: Frühling
Geschmack: sauer
Unterstützung von: Leber & Gallenblase
Wirkung: zusammenziehend, kühlend & erfrischend
Lebensmittel: Birne, Himbeere, Lauch, Mandarine, Olive

Feuer

Jahreszeit: Sommer
Geschmack: bitter
Unterstützung von: Herz & Dünndarm
Wirkung: kühlend, trocknend, reinigend & verdauungsfördernd
Lebensmittel: Kürbis, Papaya, Sellerie, Tomate, weißer Pfeffer

Erde

Jahreszeit: Spätsommer
Geschmack: süß
Unterstützung von: Milz & Magen
Wirkung: befeuchtend, kräftigend & entspannend
Lebensmittel: Ananas, Apfel, Mango, Milch, Safran, Erdbeeren, Mandeln

Metall

Jahreszeit: Herbst
Geschmack: scharf
Unterstützung von: Lunge & Dickdarm
Wirkung: wärmend & verteilend
Lebensmittel: Ingwer, Kardamom, Kohlrabi, Cayennepfeffer, Fenchel, Zwiebel

Wasser

Jahreszeit: Winter
Geschmack: salzig
Unterstützung von: Blase & Niere
Wirkung: ausleitend & aufweichend
Lebensmittel: Algen, Auster, Krebs, Meeresfrüchte, Sardine