sucht_shutterstock_1951133980 - Suchterkrankungen sind vielfältig und bestimmen den Lebensalltag zahlreicher Menschen.

Egal ob Alkohol, Drogen, Nikotin oder Glücksspiel: Suchterkrankungen sind vielfältig und bestimmen den Lebensalltag zahlreicher Menschen. Erfahren Sie hier unter anderem, welche Arten von Suchterkrankungen es gibt, welche Ursachen dahinterstecken und welche Wege aus der Abhängigkeit führen.

Definiton

Unter Sucht versteht man die psychische oder physische Abhängigkeit von einer Substanz oder einem Verhalten. Sie ist als chronische, wiederkehrende Krankheit zu betrachten und keinesfalls als Resultat mangelnder Willensstärke. Eine Suchterkrankung kann grundsätzlich jeden treffen.

Folgende sechs Anzeichen sind für eine Suchterkrankung charakteristisch - treffen zumindest drei dieser Kriterien zu, spricht man von einer Abhängigkeit (in der Fachsprache auch "Abhängigkeitssyndrom" genannt):

  • Starkes, überwältigendes Verlangen, eine bestimmte Substanz zu konsumieren,
  • Kontrollverlust über Menge, Zeitpunkt und Dauer des Konsums,
  • Entzugserscheinungen körperlicher und/oder psychischer Art: z.B. Schweißausbrüche, Zittern, Schmerzen, Übelkeit, Krampfanfälle, epileptische Anfälle, Schlafstörungen, Halluzinationen, Angstzustände, Depression etc.,
  • Toleranzentwicklung und damit einhergehende Dosissteigerung,
  • Abstinenzunfähigkeit trotz offensichtlicher, schädlicher gesundheitlicher oder sozialer Folgen,
  • Rückzug aus dem Sozialleben: wachsender Interessenverlust und zunehmende Ausrichtung des alltäglichen Lebens (Beruf, Hobbys, Sozialkontakte) auf das Suchtverhalten.
kokain_shutterstock_1914288427 - Kokainsucht zählt zu den substanzgebundenen Suchterkrankungen.
Kokainsucht zählt zu den substanzgebundenen Suchterkrankungen.

Arten von Suchterkrankungen

Man unterscheidet grundsätzlich zwei Arten von Suchterkrankungen:

  • substanzgebundene Suchterkrankungen
  • nichtsubstanzgebundene Suchterkrankungen/Verhaltenssüchte

Zu den substanzgebundenen Suchterkrankungen gehören zum Beispiel die Abhängigkeiten von:

  • Alkohol
  • Nikotin
  • Opiaten (z.B. Heroin, Morphin)
  • Cannabinoiden (Marihuana, Haschisch)
  • Beruhigungs- und Schlafmitteln (z.B. Benzodiazepine)
  • Kokain und anderen Stimulanzien (z.B. Koffein, Amphetamine, Ecstasy, Speed)
  • Halluzinogenen (z.B. LSD, Pilze)

Zu den nichtsubstanzgebundenen Suchterkrankungen zählen unter anderem:

  • Spielsucht
  • Computersucht/Internetsucht
  • Kaufsucht
  • Arbeitssucht
  • Esssucht
  • Sexsucht
spielsucht_shutterstock_287164913 - Die Spielsucht zählt zu den nichstubstanzgebundenen Suchterkrankungen.
Die Spielsucht zählt zu den nichstubstanzgebundenen Suchterkrankungen.

Verbreitung/Häufigkeit

Im - vom "Institut Suchtprävention" im Dezember 2021 herausgegebenen - "Factsheet Sucht" finden sich detaillierte statistische Daten zum Abhängigkeitsverhalten in Österreich: Demnach sind

  • rund eine Million der Österreicher:innen nikotinabhängig
  • 800.000 von Kaufsucht betroffen
  • 375.000 Alkoholiker:innen
  • etwa 150.000 bis 200.000 medikamentenabhängig (davon etwa 80% von Benzodiazepinen)
  • 60.000 Internet-süchtig
  • 38.000 glücksspielsüchtig ("pathologische Spieler")
  • etwa 31.000 bis 37.000 abhängig von Opioiden und
  • 29.000 von Essstörungen (z.B. Magersucht) betroffen.

Ursachen

Beim Entstehen einer Suchterkrankung spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Diese können biologischer, psychischer oder sozialer Art sein. Bei den meisten Suchtkranken ist ein Wechselspiel mehrerer dieser Faktoren für die Abhängigkeit verantwortlich.

Biologische Faktoren

Mittlerweile wurde in zahlreichen Studien belegt, dass erbliche Komponenten bei der Entwicklung einer Suchtkrankheit eine Rolle spielen. Statistisch gesehen werden Kinder von suchtkranken Eltern später häufiger selbst abhängig. So besteht etwa für Personen mit einem alkoholkranken Elternteil eine etwa viermal höhere Wahrscheinlichkeit, selbst alkoholabhängig zu werden, als für Kinder von nicht alkoholkranken Eltern.

Ein weiterer biologischer Faktor bei der Entwicklung einer Suchterkrankung ist die (bei Suchtmittelkonsum) erhöhte Ausschüttung bestimmter Botenstoffe im Gehirn. Die verstärkte Aktivierung von Neurotransmittern wie Dopamin sorgt dafür, dass bei der betroffenen Person ein Belohnungseffekt ausgelöst wird. Da dieser Vorgang als angenehm und befriedigend empfunden wird, strebt der Suchtkranke danach, diesen wieder und wieder zu erleben.

Psychische Faktoren

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Menschen mit einer Suchterkrankung haben häufig auch noch andere psychische Leiden bzw. Störungen. Dies können etwa Depressionen, Angstzustände oder traumatische Erlebnisse sein. Oft wird der jeweilige Suchtstoff dazu verwendet, die Symptome der zugrundeliegenden psychischen Erkrankung zu lindern und diese besser bewältigen zu können. Dies führt jedoch meist nur kurzfristig zu einer Erleichterung - längerfristig entsteht ein Teufelskreis, in dem sich Sucht und psychische Erkrankung gegenseitig verstärken.

Auch personenbezogene Merkmale wie ein schwaches Selbstwertgefühl, hohe Sensibilität und eine geringe Konfliktfähigkeit können die Entstehung einer Suchterkrankung begünstigen.

Soziale Faktoren

Auch soziale Faktoren spielen bei der Entwicklung einer Suchterkrankung oft eine große Rolle. So kann etwa ein schwieriges familiäres Umfeld dazu beitragen, dass eine Abhängigkeit entsteht: Zum einen aufgrund mangelnder Fürsorge oder emotionaler Traumata in der Kindheit und zum anderen durch eine Suchterkrankung eines nahen Familienmitgliedes, dessen Verhaltensweisen später selbst übernommen werden.

Neben familiären Aspekten können auch andere soziale Faktoren entscheidend für das Entstehen einer Abhängigkeit sein. Die gesellschaftliche Akzeptanz bzw. einfache Verfügbarkeit von bestimmten Suchtmitteln (z.B. von Alkohol, Nikotin oder bestimmten Medikamenten) schafft oft eine Grundlage für missbräuchlichen Konsum. Speziell bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen erfolgt der Einstieg in die Sucht auch häufig als Folge von "Gruppenzwang". In diesem Fall wird das Suchtverhalten von anderen Mitgliedern einer sozialen Gruppe nachgeahmt, um als "gleichwertig" angesehen zu werden und "dazuzugehören".

Was ist das "Suchtgedächtnis"?

Das sogenannte Suchtgedächtnis entwickelt sich, indem die - durch den Suchtmittelkonsum ausgelösten - Belohnungsprozesse im Gehirn abgespeichert werden. Dabei kommt es mit der Zeit auch zu einer Veränderung der Gehirnstruktur. Sogar nach einer langen Zeit der Abstinenz kann das Suchtgedächtnis aktiviert werden und ein starkes Verlangen (auch "Craving" genannt) nach dem erneuten Konsum des Suchtmittels auslösen.

Therapie & Hilfe

therapie_shutterstock_1155348268 - Eine Sucht lässt sich meist nur mit Unterstützung und professioneller Hilfe bewältigen.
Eine Sucht lässt sich meist nur mit Unterstützung und professioneller Hilfe bewältigen.

Für die Mehrheit der Patient:innen ist die völlige Enthaltsamkeit (Abstinenz) von dem Suchtmittel das angestrebte Therapieziel. Nur in Ausnahmefällen ist ein sogenannter "kontrollierter Konsum" als Endergebnis wünschenswert. Ein solcher kann allerdings ein mögliches taugliches Etappenziel auf dem Weg zur Abstinenz sein.

Die Therapie von Abhängigkeitserkrankungen lässt sich in vier Phasen gliedern:

  • Motivations- und Kontaktphase: Obwohl Unterstützung und Motivation von außen wichtig sind, sollte der finale Entschluss, eine Therapie zu beginnen, immer vom Betroffenen selbst kommen. Sobald man das Suchtverhalten erkannt und sich entschieden hat, etwas dagegen zu tun, sollte die Kontaktaufnahme mit einem professionellen Helfer (z.B. Hausarzt, Psychologe, Suchtberatungsstelle, Entzugseinrichtung) erfolgen. Anschließend kann gemeinsam der weitere Umgang mit der Erkrankung besprochen werden.
  • Entgiftungsphase (bei substanzgebundenen Suchterkrankungen): In dieser Phase erfolgt die Entgiftung vom Suchtstoff. Hier ist besondere Vorsicht geboten, da der plötzliche Entzug von manchen Substanzen (z.B. Alkohol) für den Betroffenen körperlich gefährlich (mitunter sogar lebensgefährlich) sein kann. Aus diesem Grund findet die Entgiftung in vielen Fällen in einer Entzugsklinik oder in einem psychiatrischen Krankenhaus unter ärztlicher Aufsicht statt. Auch eine ambulante Entgiftung ist grundsätzlich möglich - sie führt jedoch weniger häufig zum Therapierfolg als ein stationärer Aufenthalt.
  • Entwöhnungsphase:Nach der körperlichen Entgiftung gilt es, die psychische Abhängigkeit in den Griff zu bekommen. Dies geschieht in der Phase der Entwöhnung. Die Entwöhnungsbehandlung erfolgt im Idealfall auch in einer dafür vorgesehenen Fachklinik und kann mehrere Wochen oder Monate in Anspruch nehmen. In dieser Zeit lernen die Betroffenen, Perspektiven und Strategien für ein Leben ohne die Sucht zu entwickeln.
  • Nachsorgephase:Ziel der Nachsorgephase ist es, die im Rahmen des Suchtmittelentzugs erreichte Abstinenz nachhaltig zu festigen und dauerhaft aufrecht zu erhalten. Dies geschieht häufig mit der Hilfe von Therapeuten oder Selbsthilfegruppen. Wichtig ist hier, auch etwaige zugrundeliegende psychische Erkrankungen oder Störungen (z.b. Depression, Angststörungen) zu behandeln. Wie lange diese Nachsorgebehandlung dauert, ist von Patient zu Patient unterschiedlich.

Wer übernimmt die Therapiekosten?

Die interdisziplinäre Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen findet meist in spezialisierten ambulanten und stationären Einrichtungen statt, die Verträge mit den Krankenversicherungsträgern abgeschlossen haben. Für diese Behandlungsfälle werden im Regelfall die Kosten zur Gänze übernommen.

Auch die Kosten für die ärztliche Untersuchung zur Abklärung einer Abhängigkeit werden im Normalfall von den Sozialversicherungsträgern übernommen.

(Information des öffentlichen Gesundheitsportals Österreichs)

Tipps für Betroffene: Erste Schritte aus der Sucht

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  • Seien Sie ehrlich - sich selbst und anderen gegenüber!Die Erkenntnis, an einer Suchterkrankung zu leiden, kann anfangs schmerzhaft sein. Viele Betroffene gestehen sich ihre Abhängigkeit erst ein, nachdem bereits schwerwiegende physische, mentale oder soziale Auswirkungen eingetreten sind. Aus diesem Grund ist es wichtig, das eigene Konsumverhalten kritisch zu hinterfragen und möglichst früh Freunde und enge Angehörige einzubinden. Diese haben oft einen ungetrübten Blick darauf, ob eine Suchterkrankung vorliegen könnte oder nicht.
  • Setzen Sie sich erreichbare Etappenziele! Um die Motivation während der Zeit der Therapie aufrecht zu erhalten, ist es sinnvoll, sich realistische Teilziele zu setzen. Sie müssen sich zum Beispiel nicht gleich vornehmen, von einem Tag auf den anderen völlig abstinent zu leben. Es ist schon ein großer Schritt, wenn Sie sich Ihres Suchtverhaltens bewusst werden und beschließen, etwas dagegen zu unternehmen. Seien Sie ruhig stolz auf sich selbst, wenn Sie ein Etappenziel erreicht haben!
  • Haben Sie keine Scheu davor, Hilfe in Anspruch zu nehmen!Das Abhängigkeitssyndrom ist eine Erkrankung und kein Zeichen von mangelnder Willensstärke. Wie jede andere Krankheit kann daher auch eine Sucht meist nur mit professioneller Hilfe bewältigt werden. Eine Liste mit möglichen Anlaufstellen finden Sie weiter unten.
  • Kopf hoch bei Rückfällen!Rückfälle sind nicht erstrebenswert, aber sie gehören zum Krankheitsbild von Süchtigen dazu und sind keine Katastrophe. Nur den wenigsten Abhängigen gelingt es, den Weg zur dauerhaften Abstinenz gänzlich ohne Rückschritte zu bewältigen. Lassen Sie sich also auf keinen Fall entmutigen!

    Zahlreiche Suchtexperten unterscheiden zudem zwischen echten Rückfällen und sogenannten "Ausrutschern". Während bei ersteren ein längerfristiges Zurückfallen in alte Verhaltensmuster vorliegt, sind Ausrutscher einmalige Ereignisse, die die Betroffenen konstruktiv bewältigen. Reden Sie also offen über etwaige Rückschläge und suchen Sie sich sofort professionelle Hilfe und Unterstützung. Der richtige, möglichst ehrliche Umgang mit einer solchen Erfahrung kann für den Weg in eine abhängigkeitsfreie Zukunft entscheidend sein!

Was ist eine "Co-Abhängigkeit"?

Von einer Co-Abhängigkeit spricht man, wenn eine Person in die Suchterkrankung eines nahestehenden Menschen verstrickt ist und so quasi zum "Mitgefangenen" der Sucht wird. Dies kann verschiedene Ausformungen haben. Beispiele sind Angehörige, die das Verhalten des Suchtkranken entschuldigen und gegenüber Außenstehenden verheimlichen, aber auch solche, die den Suchtmittelkonsum zwanghaft überwachen und mit allen Mitteln unterbinden wollen.

Tipps für Angehörige

  • Versuchen Sie, nicht zu viel Druck auf den Betroffenen/die Betroffene auszuüben!Machen Sie dem/der Suchtkranken klar, dass Sie ihn/sie unterstützen und versuchen Sie, ihn/sie von den positiven Seiten eines suchtfreien Lebens zu überzeugen. Weisen Sie ihn/sie auf die Notwendigkeit einer Behandlung hin, vermeiden Sie jedoch Schuldzuweisungen und Vorwürfe.
  • Akzeptierten Sie, dass Abhängige in der Regel keine Entscheidungsfreiheit haben!Nehmen Sie es nicht persönlich, wenn die nahestehende Person das Suchtmittel weiter konsumiert, obwohl sie ausdrücklich darauf hingewiesen haben, dass Sie dies nicht billigen. Sucht ist eine Krankheit. Viele Abhängige haben gar keine andere Wahl als das Suchtmittel weiter zu konsumieren, weil die Entzugserscheinungen einfach zu stark wären.
  • Setzen Sie den Betroffenen/die Betroffene keinesfalls eigenständig unter kalten Entzug!Das plötzliche, unvorbereitete Absetzen des Suchtmittels kann (speziell bei Alkohol oder Benzodiazepinen) ernste psychische und körperliche Folgen haben und in schweren Fällen sogar zum Tod führen!
  • Vermeiden Sie eine Co-Abhängigkeit! Lassen Sie die Sucht der Ihnen nahestehenden Person nicht zum alles dominierenden Thema in Ihrem Leben werden. Verabschieden Sie sich von Schuldgefühlen. Sie haben keinerlei Verantwortung für die Suchterkrankung ihres Angehörigen.

Anlaufstellen

Folgende Anlaufstellen stehen Ihnen bei einer Suchterkrankung mit Rat und Tat zur Seite:

  • Suchthilfe Wien: Die Mitarbeiter*innen der Suchthilfe Wien sind Expert:innen und nachgefragte Referent:innen zu den verschiedensten Themen im Zusammenhang mit Drogenkonsum.
  • Anton Proksch Institut: Bekannte Klinik in Wien zur Behandlung und Erforschung von substanzgebundenen und nichtsubstanzgebundenen Suchtformen.
  • Alkohol. Leben können: Infos zum Thema Alkoholismus plus Beratungsmöglichkeit in Wien.
  • Sucht- und Drogenkoordination Wien (SDW): Die Sucht- und Drogenkoordination Wien (SDW) bietet eine Vielzahl von Diensten, Informationen, Fortbildungen und Veranstaltungen rund um das Thema Sucht und Suchtprävention an.
  • alkcoach: Online-Selbsthilfeprogramm zur Alkoholkonsum-Reduktion.
  • Dialogwoche Alkohol: Website mit Infos zum Thema Alkohol. Initiative von ARGE Suchtvorbeugung in Kooperation mit dem Dachverband der österreichischen Sozialversicherung und Fonds Gesundes Österreich.
  • CANreduce: Online-Selbsthilfeprogramm zur Reduktion des Cannabiskonsums.
  • checkit! – Kompetenzzentrum für Freizeitdrogen: Informations- und Beratungsstelle der Suchthilfe Wien (Infos rund um psychoaktive Substanzen, inkl. Drug-Checking-Termine).