Rund 60.000 Kinder sind in Österreich von Enuresis nocturna – nächtlichem Einnässsen – betroffen. Trotz klarer medizinischer Optionen ist das Thema nach wie vor ein Tabu. Dabei kann diese für Kinder wie Eltern belastende Erkrankung durch Abklärung und konsequente Therapie sehr gut behandelt werden.

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Einnässen gehört zu den häufigsten Störungen des Kindesalters. Nachts nässen etwa 25 Prozent der Vierjährigen und zehn bis 15 Prozent der Siebenjährigen ein. Dennoch verhindert Tabuisierung oftmals eine adäquate Diagnostik und Therapie.

Enuresis definiert sich als unwillkürlicher Harnabgang ab einem Alter von vier Jahren nach Ausschluss organischer Ursachen. Die Symptome müssen länger als drei Monate bestehen und mindestens zweimal pro Monat auftreten.

Primäre Enuresis

Bei primärer Enuresis wird von einer Entwicklungsverzögerung des Kindes ausgegangen. Eine wichtige Rolle spielt dabei das antidiuretische Hormon (ADH, Vasopressin). Normalerweise sorgt dieses Hormon dafür, dass nachts weniger Harn in die Blase gelangt. Diese hormonelle Regulation kann gestört sein. Auch das Zusammenspiel zwischen Kontrolle der Blase und Schlaftiefe kann noch unterentwickelt sein.

Sekundäre Enuresis

Bei sekundärer Enuresis spielen wahrscheinlich psychische Ursachen die Hauptrolle. Es lassen sich oft unerwartete Veränderungen im Leben des Kindes finden – die Geburt eines Geschwisterkindes, der Verlust eines Familienmitgliedes, Streitigkeiten, ein Umzug etc.

Die Psyche spielt aber auch als Folge von unbehandeltem Bettnässen eine Rolle. Gestörte Sozialkontakte, Versagensängste, vermindertes Selbstwertgefühl sind mögliche Folgen von unbehandeltem Bettnässen. Deshalb ist es so wichtig, dass Sie frühzeitig etwas gegen das Einnässen unternehmen – bevor der Leidensdruck groß wird.

Blasentagebuch und Co.

Die Untersuchungen sind absolut schmerzfrei und bestehen aus dem Arzt-Patienten-Gespräch, bei dem Häufigkeit, Menge und Zeitpunkt des Einnässens, Stuhlgang, eventuell vorhandene Probleme tagsüber, Vorerkrankungen sowie Sozial- und Familiengeschichte abgefragt werden. Danach wird ein Blasentagebuch geführt. Dieses Tagebuch ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der Diagnostik. Nach einer körperlichen Untersuchung, einer Harnanalyse, um vor allem Harnwegsinfekte als Ursache auszuschließen und einem Ultraschall der Harnblase und der Nieren, steht in fast allen Fällen der Grund für das Einnässen fest.

Allgemeine Maßnahmen

Der erste Schritt besteht in der Aufklärung und motivierenden Beratung, unter anderem, um Schuldgefühle zu nehmen. Die Haupttrinkmenge soll in der ersten Tageshälfte aufgenommen werden. Besonders wichtig: Die Toilette sollte vor dem Schlafengehen aufgesucht werden. Geben Sie Ihrem Kind positive Rückmeldungen oder Belohnungen für trockene Nächte, das fördert die Motivation. Durch diese unspezifischen Maßnahmen kann bei etwa 18 Prozent der Betroffenen innerhalb von acht Wochen Trockenheit erzielt werden.

Reichen die allgemeinen Maßnahmen nicht, gibt es meist diese Möglichkeiten:

  • Wenn die Ursache in einer zu hohen nächtlichen Harnausscheidung liegt, kann das antidiuretische Hormon (ADH) die nächtliche Harnproduktion reduzieren.
  • Ist das Fassungsvermögen der Blase noch zu klein, kommen häufig Anticholinergika zum Einsatz.
  • Alarmtherapie: Bei der Alarmtherapie mit Klingelhose oder -matte führt jedes nächtliche Einnässen zum Auslösen eines Alarms und zum Erwachen des Kindes. Durch Konditionierung lernen die Kinder letztendlich, bei voller Blase aufzuwachen.

Ihr Arzt entscheidet mit Ihnen gemeinsam, was die beste Lösung ist.