Verdauungsbeschwerden machen uns schon mal das Leben schwer. Für die Behandlung ist es neben der Kenntnis über effektive Gegenmaßnahmen relevant, die Grenzen der Selbstmedikation zu kennen.

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Unser Verdauungstrakt leistet Tag für Tag Unglaubliches. Er muss die aufgenommene Nahrung zerkleinern, mithilfe von Verdauungsenzymen in ihre Bestandteile zerlegen, die freigesetzten Nährstoffe resorbieren und nicht Verwertbares ausscheiden. Zudem steuert er den Wasserhaushalt und unterstützt den Körper bei der Entgiftung. Im Idealfall bemerken wir von all diesen Vorgängen nichts. Treten aber Verdauungsstörungen auf, ist unsere Lebensqualität rasch eingeschränkt.

Reizmagen – viele Gesichter

Fachbegriff: Dyspepsie
Symptome: Völlegefühl, Druckgefühl in der Magengegend, Schmerzen im Oberbauch
Auslöser: Entzündungen, Geschwüre im oberen Verdauungstrakt, oft keine organische Ursache, psychosoziale Aspekte

Zwischen 20 und 30 % der Bevölkerung leiden unter chronischen oder wiederholt auftretenden Beschwerden im oberen Magen-Darm-Trakt. Umgangssprachlich wird Dyspepsie auch oft „Reizmagen“ genannt. Typische Beschwerden sind neben Völlegefühl auch Appetitlosigkeit, ein schnelles Sättigungsgefühl und Sodbrennen. Für eine optimale Behandlung erkundigt sich Ihr/e Apotheker:in zunächst nach den vorherrschenden Symptomen. Sind in erster Linie Druck- und Völlegefühl vorherrschend oder macht einem die Appetitlosigkeit zu schaffen, bieten sich fertige Auszüge oder Teemischungen aus bitterstoffhaltigen Arzneipflanzen an. Enzianwurzel, Tausendgüldenkraut, Wermutkraut, Löwenzahnwurzel und Bitterholz stehen bspw. ganz oben auf der Liste.

Aktuelles

COVID-19 und Magen-Darm-Beschwerden
Bis zu einem Viertel aller an COVID-19-Erkrankten verspürt Magen-Darm-Beschwerden, Durchfall ist dabei das häufigste Symptom. Die Magen-Darm-Probleme können schon vor den typischen Symptomen wie Fieber und trockener Husten auftreten. Das Virus befällt nicht nur die Atemwege, sondern kann auch die Schleimhaut des Verdauungstrakts angreifen. Es nutzt ein Eiweißmolekül, um in die Zellen einzudringen; es kommt zu einer Schädigung der Schleimhaut und einer Entzündungsreaktion.

Peinliche Darmgase: Blähungen

Schafgarbenkraut._shutterstock_1785506741 - Erste Wahl und altbewährt bei einem Ziehen oder leichten Krämpfen nach üppigen Mahlzeiten ist z. B. Schafgarbenkraut. 
Erste Wahl und altbewährt bei einem Ziehen oder leichten Krämpfen nach üppigen Mahlzeiten ist z. B. Schafgarbenkraut. 

Fachbegriff: Flatulenzen
Symptome: schmerzhafte Luftansammlungen im Bauch
Auslöser: bestimmte Lebensmittel, zu hastiges Essen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, weiblicher Zyklus …

Bei Blähungen entlasten die Früchte von Fenchel, Anis und Kümmel. Die ätherischen Öle dieser Heilpflanzen wirken entblähend und fördern die Verdauung. Erste Wahl und altbewährt bei einem Ziehen oder leichten Krämpfen nach üppigen Mahlzeiten sind Kamillenblüten und Schafgarbenkraut. Übrigens lindern beide ebenso Krämpfe und stechende Schmerzen im Zuge der monatlichen Regelblutung. Liegt der Schwerpunkt auf Sodbrennen und saurem Aufstoßen (Reflux), stehen für den kurzfristigen Gebrauch Antazida (basische Substanzen) zur Verfügung. Antazida neutralisieren die Magensäure und mildern deren Aggressivität. Ihre Wirkung setzt schnell ein, hält aber nur kurz an. Von älteren Zubereitungen mit Natrium- oder Kalziumcarbonat sollte wegen der freisetzenden Gase (kann die Beschwerden verstärken) lieber Abstand genommen werden. Wichtig ist, dass Kautabletten gründlich gekaut werden, damit sie möglichst fein zerkleinert und mit großer Oberfläche in den Magen gelangen.

Verstopfung – nichts geht mehr

Haferflocken_shutterstock_1784964902 - Füll- und Quellstoffe wie Haferflocken vergrößern das Volumen des Darminhalts und stimulieren die Darmbewegung. Bauen Sie diese Lebensmittel in Ihren Speiseplan ein.
Füll- und Quellstoffe wie Haferflocken vergrößern das Volumen des Darminhalts und stimulieren die Darmbewegung. Bauen Sie diese Lebensmittel in Ihren Speiseplan ein.

Fachbegriff: Obstipation
Symptome: seltenere Stuhlgänge, harter Stuhl, große Pressanstrengung
Auslöser: zu wenig Bewegung, ballaststoffarme Ernährung, bestimmte Medikamente (z. B. Eisenpräparate, kalzium- und aluminiumhaltige Präparate sowie Antidepressiva)

Eine geregelte Verdauung ist auf einen beweglichen Darm angewiesen. Ist dessen Beweglichkeit eingeschränkt, verweilt der Nahrungsbrei im Inneren, und es wird zu viel Flüssigkeit entzogen, was in der Folge zu einer harten Stuhlkonsistenz führt, die eine Verstopfung verursachen kann. Das Stuhlverhalten ist individuell sehr unterschiedlich und reicht von 3-mal pro Tag bis 3-mal pro Woche. Bei selteneren Stuhlgängen oder einem Gefühl der unvollständigen Entleerung sollte etwas dagegen unternommen werden. Vieles Sitzen, Aufschieben des Stuhlgangs trotz Stuhldrangs – überhaupt Hektik und Stress können eine Verstopfung begünstigen.

Füll- und Quellstoffe wie Leinsamen, Kleie oder Haferflocken vergrößern das Volumen des Darminhalts und stimulieren auf diese Weise die Darmbewegung. Empfehlenswert ist es, diese Lebensmittel schrittweise in die eigenen Ernährungsgewohnheiten zu integrieren, da sich der Körper an die geänderte Zusammensetzung der Nahrung erst gewöhnen muss. Außerdem sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (etwa 1,5 Liter pro Tag) geachtet werden, um die abführende Wirkung zu verstärken und einer Verklumpung vorzubeugen. Bei akuten Problemen eignen sich Macrogol, Lactulose oder Bisacodyl. Die Wirkstoffe werden über den Mund eingenommen und wirken nach einer Verzögerung von ca. sechs bis zwölf Stunden. Für einen schnelleren Wirkungseintritt gibt es auch Zäpfchen oder Einläufe, die innerhalb von 30 Minuten die gewünschte Entleerung auslösen.

Achtung

Grenzen der Selbstmedikation

  • Fieber über 38,5 °C
  • Kinder unter12 Monaten oder mit weniger als 8 kg
  • schwangere und stillende Frauen
  • Personen über 65 Jahren
  • bösartige Grunderkrankung
  • krampfartige Bauchschmerzen
  • blutiger Stuhl
  • Gewichtsverlust über 5 %
  • keine Besserung nach Antibiotikaeinnahme
  • andauernde oder wiederkehrende Beschwerden
  • Verdacht auf Arzneimittelnebenwirkung

Flauer Magen! Bis zum Erbrechen …

erbrechen_shutterstock_1857517951 - Erbrechen ist gewissermaßen ein Schutzreflex des Körpers, um sich von Giftstoffen bzw. Krankheitserregern zu befreien.
Erbrechen ist gewissermaßen ein Schutzreflex des Körpers, um sich von Giftstoffen bzw. Krankheitserregern zu befreien.

Fachbegriff: Nausea (Übelkeit), Vomitus, Emesis (Erbrechen)
Symptome: unangenehmes Gefühl im Oberbauch mit Appetitverlust, vermehrter Speichelfluss, Druckgefühl bis hin zum Brechreiz
Auslöser: Magen-Darm-Grippe, Aufregung, Schwangerschaft, Nebenwirkung von Medikamenten, Hitzschlag, Migräne …

Sei es der Verzehr von verdorbenem Essen oder im Zuge einer Magen-Darm-Grippe: Erbrechen ist gewissermaßen ein Schutzreflex des Körpers, um sich von Giftstoffen bzw. Krankheitserregern zu befreien. Erbrechen kündigt sich meist durch Übelkeit, Blässe, vermehrte Schweißbildung oder Speichelfluss an. Am wichtigsten ist der Ersatz von Flüssigkeit- und Elektrolyten, um eine Austrocknung zu verhindern. Vor allem Säuglinge und Kleinkinder, aber auch Schwangere und ältere Menschen sind hier besonders gefährdet. Daneben können eine Nahrungskarenz mit leicht verdaulicher Kost und magenberuhigende Tees die Beschwerden verbessern. Pfefferminze, Gänsefingerkraut oder Mischungen verschiedener pflanzlicher Auszüge können ergänzend zur Anwendung kommen. Starkes Erbrechen, Dauer länger als zwei Tage sowie Erbrechen bei Säuglingen und kleinen Kindern sollte allerdings ärztlich abgeklärt werden.

Nicht nur auf Reisen: Magen-Darm-Grippe

Fachbegriff: Gastroenteritis
Symptome: Durchfall (weicher bis flüssiger Stuhl, öfter als 3-mal pro Tag)
Auslöser: Bakterien, Viren, Nahrungsmittelallergene, Toxine (Lebensmittelvergiftung)

Die akute Gastroenteritis ist eine weit verbreitete Infektionskrankheit, die in aller Regel von Viren verursacht wird und mit Durchfall, Übelkeit/Erbrechen, Kopf- und Muskelschmerzen einhergeht. Bei Kindern und Jugendlichen kommen als Auslöser insbesondere Rota- und Noroviren infrage. Lebensmittelvergiftungen oder bakterielle Ursachen sind zwar ebenso denkbar, betreffen aber vorwiegend Erwachsene und beruhen auf ungenügend gegartem Fleisch oder dem Verzehr von kontaminierten Nahrungsmitteln und fehlender Küchenhygiene.

Generell sollten hohes Fieber sowie krampfartige Bauchschmerzen mit/ohne Blutbeimengung im Stuhl Anlass für einen Arztbesuch sein.