Arthrose ist die mit Abstand häufigste Gelenkserkrankung und kann als wahre Volkskrankheit bezeichnet werden. Sie ist jedoch nicht nur eine Erkrankung des höheren Alters. Bereits ab dem 30. Lebensjahr leiden die Gelenke unter einem Verschleiß. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um diese Erkrankung und erklären, wie Sie Ihre Beweglichkeit bis ins Alter erhalten können.

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Bei einer Gelenksabnützung, medizinisch Arthrose oder Osteoarthrose genannt, sind v. a. jene Gelenke betroffen, die wir am meisten beanspruchen. Einerseits die durch das Körpergewicht belasteten Gelenke der Beine wie Knie-, Hüft- und Sprunggelenke, zum anderen die Hand-, Finger- und Zehengelenke – wobei hier oft erbliche Faktoren den Knorpelverschleiß auslösen.

Ist Arthrose wirklich irreversibel?

Die Arthrose wird bislang generell als chronisch nicht entzündliche und irreversible Krankheit klassifiziert. Da aber selbst im abgenützten Gelenk knorpelaufbauende Vorläuferzellen zu finden sind, sollte eigentlich durch diese eine Reparatur des Knorpels immer möglich sein.

Im verletzten Gelenkknorpel fand sich bei Studien allerdings eine Art dieser Vorläuferzellen, die eher die Neubildung von Fettgewebe und Knochen als von neuem Knorpel stimulieren. Das erklärt auch die Bildung von Knochenzacken und Spangen bei abgenützten Gelenken, die wiederum zusätzliche Schmerzen bewirken und die Beweglichkeit und Funktionsfähigkeit einschränken. An weniger abgenützten Stellen sieht man dagegen mehr knorpelaufbauende Vorläuferzellen. Diese im frühen Stadium der Arthrose vorhandenen Zellen haben Potenzial für eine zumindest teilweise Reparatur des Gelenkknorpels. (Mehr Tipps für Ihre Knochengesundheit lesen Sie hier.)

Osteoarthrose - Zahlen & Fakten

Insgesamt haben wir circa 140 echte Gelenke. Wenn wir alle gelenkigen Verbindungen addieren, kommen wir auf eine Anzahl von 212 Gelenken.

Rund 1,4 Millionen Menschen in Österreich sind von Arthrose betroffen – bei den über 65-Jährigen 48 Prozent der Frauen und 31 Prozent der Männer.

Wie kommt es zur Gelenksabnützung?

Zahlreiche Faktoren können das Entstehen und Fortschreiten der Arthrose verursachen. Als häufigste Ursache ist eine Überbeanspruchung der Gelenke bei einseitiger Belastung, bei sportlichen Tätigkeiten oder am Arbeitsplatz zu nennen. Auch falsch eingelernte Bewegungsabläufe mit einer Fehlbelastung des Gelenkes führen zu einem raschen Verschleiß. Daneben sind Verletzungen, angeborene Fehlstellungen der Gelenke wie z. B. X- oder O-Beine, die zu einer ungleichen Belastung führen, für das Frühentstehen einer Arthrose verantwortlich. Aber auch Übergewicht, Stoffwechselerkrankungen, extremer Bewegungsmangel und Entzündungen können als Ursachen der Arthrose gelten. Manchmal wird der Grundstock für eine vorzeitige Gelenksabnützung schon im Kindesalter gelegt. Computerspiele und stundenlanges Sitzen vor dem Bildschirm ersetzen zunehmend sportliche Betätigungen und Freizeitbeschäftigungen an der frischen Luft. Dadurch wird der für die Gelenke so wichtige stabilisierende Muskelaufbau immer weiter reduziert.

Welche Therapien kommen infrage?

Moderne Therapien und neue Medikamente haben die Erfolgsrate bei der Arthrosebehandlung deutlich verbessert. Der frühe Einsatz aller Therapien sowie die Kombination diverser Maßnahmen wirken sich dabei besonders günstig aus. Wer also drei bis vier Wochen an den vorher genannten Beschwerden leidet, sollte unverzüglich einen Spezialisten aufsuchen.

Bei stark abgenützten Gelenken ist ein künstliches Gelenk oft die einzig verbleibende Therapieoption. Bei lokalisierten Knorpeldefekten (ohne Arthrose) zeigt die Knorpelzelltransplantation körpereigener Knorpelzellen gute Ergebnisse. Im frühen Stadium von Arthrosen ist die mit aus Fettgewebe gewonnene Stammzellentherapie eine vielversprechende Therapieoption.

Sogenannte knorpelaufbauende Injektionen mit Hyaluronsäure und Eigenblutinjektionen mit plättchenreichem Plasma können das Fortschreiten bei leicht- bis mittelgradiger Arthrose zumindest verlangsamen. Knorpelschutzpräparate haben in Studien zumindest eine Verbesserung der Funktion und Beweglichkeit sowie eine Schmerzreduktion gezeigt.

Bei aktivierten Arthrosen mit Entzündungszeichen und Ergussbildung bewähren sich Injektionen mit geringen Kortisonmengen. Zusätzlich werden Antirheumatika und Schmerzmittel je nach Notwendigkeit lokal, oral oder als Injektion und Infusion verabreicht.

Verschiedene physikalische Therapieformen wie elektrische Zellbäder, Ultraschall, Wärmelampen, Magnetfeldtherapien, Paraffin- und Moorpackungen sowie Bäder mit Heublumen oder Kräutern lindern Schmerz und Entzündung. Bei akuten Entzündungen (Gelenke geschwollen, überwärmt, gerötet, stark druckschmerzhaft) darf nur Kälte angewendet werden. Kalte Topfenumschläge oder Eisbeutel können mehrmals täglich für jeweils 15 bis 20 Minuten aufgelegt werden.

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Bei chronischen Beschwerden ist hingegen die Wärmeanwendung mit Bädern, Bestrahlungen oder Packungen angebracht. Heilgymnastik und Muskeltraining sind ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Arthrosetherapie. Aktive Bewegungsübungen vergrößern den Bewegungsumfang eines Gelenkes und bauen die Muskeln auf. Eine kräftige Muskulatur stützt das geschädigte Gelenk und wirkt wie ein Stoßdämpfer.

Die richtige Ernährung und eine Reduzierung von Übergewicht sind weitere Waffen im Kampf gegen die Arthrose. Günstig auf unsere Gelenke wirken sich Obst, Gemüse, Salat, Nüsse und Soja, Pflanzenöle, Fisch und Fischöle aus. Sie alle enthalten entzündungshemmende Fettsäuren. Meiden Sie dagegen tierische Fette wie fettes Fleisch, Wurst, Butter, fette Milchprodukte, Innereien und zu viel Süßes. Diese Lebensmittel fördern Entzündungsprozesse in den Gelenken.

Alternativmedizinische Heilmethoden wie Akupunktur, Magnetfeldtherapie, Homöopathie und Neuraltherapie lassen sich optimal in das Therapiekonzept einfügen. Sie wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend. Der Gebrauch von klassischen Schmerzmitteln lässt sich damit deutlich senken, wodurch sich die Lebensqualität verbessert.

Dank der vielen neuen Behandlungsmöglichkeiten können das Fortscheiten der Gelenksabnützung heute oft weitgehend gestoppt und Beschwerden gelindert werden. Dabei braucht natürlich jeder Patient sein individuell maßgeschneidertes Therapiekonzept.

Wissenswertes: Welche Symptome sind typisch?

Da Knorpelzellen keinerlei Schmerz wahrnehmen können, bleiben die Verschleißerscheinungen lange Zeit unbemerkt, und Schmerzen treten erst in einem sehr fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung auf. Achten Sie auf folgende Frühzeichen der Erkrankung:

  • Gelenkssteifheit: Besonders nach Ruhephasen sind die Gelenke für Minuten bis Stunden steif. Am Morgen ist es meist am schlimmsten. So ist ein kompletter Faustschluss in der Früh schlecht möglich, die Finger sind unbeweglich. Nach dem Aufstehen hat man mit Knie oder Hüfte oft erhebliche Anlaufschwierigkeiten. Zusätzlich treten Knacksen und Reibegeräusche auf.
  • Kraftlosigkeit in den betroffenen Gelenken, sodass Gläser und Kaffeetassen oft wieder aus der Hand fallen. Das Öffnen von Flaschen und Dosen wird zum Problem. Mit dem Knie oder der Hüfte knickt man ein.
  • „Begrüßungsschmerz“: Ein kräftiger Händedruck verursacht fast immer starke Schmerzen.
  • Bewegungseinschränkung: Eine Abnahme der Beweglichkeit sollte an eine Arthrose denken lassen. Bei Abnützung in der Schulter wird das Anziehen
  • z. B. eines Mantels oft schwierig und schmerzhaft. Oder mit den Knien kann man nicht mehr so richtig in die Hocke gehen.
  • Schmerzen: zuerst nur bei Belastung und Bewegung, dann bei Wetterumschwüngen und nachts, und schließlich treten Dauerschmerzen auf. Dazu kommen geschwollene, gerötete und heiße Gelenke, die oft extrem druck- und berührungsempfindlich sind (sogenannte aktivierte Arthrose). Doch das alles kann durch eine rechtzeitige Therapie verhindert werden.

Zur Diagnose von Arthrosen wird neben den klinischen Symptomen und konventionellen Röntgenaufnahmen zunehmend die Magnetresonanztomographie eingesetzt. Diese Methode erlaubt neben dem Erkennen von Frühzeichen der Abnützung auch die graduelle Abstufung des Knorpelschadens.

Laborbefunde sind bei Arthrosen in der Regel unauffällig. Lediglich bei stark aktivierten Arthrosen sind die Entzündungsmarker im Serum wie Blutsenkung und CRP mäßig erhöht.

Text von Dr. Thomas Schwingenschlögl
Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie