Das Coronavirus hat viele Auswirkungen – auch auf die Psyche. Viele leiden unter Ängsten, die die Lebensqualität massiv beeinträchtigen können. Doch wie kann man der Angst Herr werden?

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Steigende Infektionszahlen, Ausgangsbeschränkungen, Lockdown hart folgt Lockdown light – soziale Kontakte finden nur noch virtuell statt, und der Mund-Nasen-Schutz ist zu unserem ständigen Begleiter geworden. Unser Alltag hat sich durch die Corona-Pandemie stark verändert.

Was früher normal war, ist heute undenkbar: Geburtstage und Hochzeiten feiern, dicht gedrängt bei einem Konzert abtanzen, sich noch schnell in die volle U-Bahn quetschen oder ganz einfach die besten Freunde umarmen. Die Pandemie zwingt uns, auf viele Bereiche im Leben zu verzichten. Die Dauer ist ungewiss. Und genau diese Ungewissheit ist es, die vielen zu schaffen macht und im Endeffekt eines auslöst: Angst.

Angst ist eine urmenschliche Emotion

Eines gleich vorweg: Angst ist per se nichts Negatives, sondern eine urmenschliche Emotion, die uns hilft, Gefahren zu erkennen und darauf zu reagieren. Dies geht mit physischen Reaktionen einher: Stresshormone werden ausgeschüttet, Herzschlag und Muskelspannung erhöhen sich, der Geist ist hochkonzentriert. Der Körper ist in Alarmbereitschaft und leistungsbereit.

In der Regel ist die Dauer dieses Zustands zeitlich begrenzt – sei es die Angst vorm Zahnarzt, eine Prüfung oder Sorgen um geliebte Menschen. Auch Lebenskrisen oder schwere Krankheiten lösen Ängste aus, die in der Norm Handlungsimpulse auslösen, um aus dieser Situation wieder herauszukommen. Entweder aus eigener Kraft oder auch mithilfe von außen, wie zum Beispiel Mediziner oder Therapeuten.

Ist die Gefahr dann gebannt, klingen die Stressreaktionen ab, und Entspannung macht sich breit. Der Körper wird wieder auf sein normales Reaktionsniveau zurückgefahren.

Im Daueralarmzustand

Doch gerade die Corona-Pandemie ist eine Zeit, in der die Gefahr nicht von heute auf morgen gebannt ist. Unsicherheit, wie es mit der Zukunft weitergeht, macht sich breit, und infolgedessen kann es zu Angstzuständen kommen. Dabei spielt nicht nur das reale Szenario eine Rolle, sondern vor allem auch, ob jemand generell – auch ohne besonderen Anlass – ängstlich ist.

In der Psychologie spricht man von Angst als Charaktereigenschaft. Ängstliche Menschen reagieren sensibler auf ihre Umwelt, und so kann es passieren, dass sich der Zustand der Entspannung nicht mehr einstellt und der Körper sich in einer Art Daueralarmzustand befindet. Negative Schlagzeilen in den Medien wirken hierbei wie Verstärker, und es wird immer schwieriger, die Angstspirale zu durchbrechen.

Die Folgen: anhaltendes Grübeln, Schlafstörungen, Nervosität, bis hin zu depressiven Verstimmungen. Man kommt nicht mehr zur Ruhe, und mit der Dauer wird der Leidensdruck immer größer.

So befreien Sie sich aus der Angstspirale:

  • Informieren, aber nicht ständig:Kreisen die Gedanken nur noch um Corona und die Folgen, ist es ratsam, den Medienkonsum einzuschränken. Information ist gut, Kontrolle ist besser. Um auf dem Laufenden zu bleiben, muss nicht jeder Artikel gelesen oder jede Sendung im Fernsehen angesehen werden. Sich bewusst informationsfreie Auszeiten zu schaffen ermöglicht es, dass sozusagen der Alarmknopf im Gehirn nicht immer wieder neu ausgelöst wird.
  • Darüber reden: Rufen Sie einen Freund/eine Freundin an oder reden Sie in der Familie über Ihre Ängste. Oftmals genügt dieses Teilen der Sorgen, um aus dem Grübeln heraus und so auf neue Gedanken zu kommen. Zudem wirken soziale Kontakte – und sei es auch nur übers Telefon oder die Webcam – auf die Psyche stabilisierend.
  • Rausgehen schafft Erholung für Körper und Geist: Gerade in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen wird Bewegung an der frischen Luft nicht umsonst unter „psychischer Erholung“ eingestuft. Egal, ob eine Joggingrunde oder ein Spaziergang – beides tut Körper und Seele gut und schafft eine Erholungsauszeit.
  • Tagesstruktur und gesunder Lebensstil: Eine geordnete Tagesstruktur kann ebenso dazu beitragen, dass die Angst im Alltag nicht überhand nimmt. Außerdem sollte man auf eine gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf achten. Ist der Schlaf beeinträchtigt, können Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Yoga helfen.
  • Keine Scheu vorm Gang zum Experten: Tritt keine Besserung ein und wird der Leidensdruck immer größer, sollte man keine Scheu haben, einen Experten aufzusuchen. In der Regel ist dies zuallererst der Hausarzt, der einen im Bedarfsfall zu einem Psychologen oder Psychotherapeuten weiter verweist.

Autorin: Mag. pharm. Natascha Marakovits