Viele Kosmetikunternehmen bewerben ihre Produkte als „Mikroplastikfrei“. Kunststoffe können trotzdem enthalten sein. Welche Auswirkungen Mikroplastik hat und wie man es erkennen kann, lesen Sie hier.
Schätzungen zufolge befinden sich derzeit gut 150 Millionen Tonnen Plastik in den Weltmeeren. Ein großer Anteil davon ist Mikroplastik. Hierbei handelt es sich um alle festen, unlöslichen und nicht abbaubaren Kunststoffteilchen, die kleiner als 5 Millimeter sind. Wissenschafterinnen unterteilen sie noch einmal in Primäres und Sekundäres Mikroplastik. Letzteres entsteht beim Zerfall größerer Kunststoffteile. Primäres Mikroplastik wird industriell hergestellt, oft in Form von feinem Granulat oder Partikeln. Diese findet man unter anderem in Kosmetikprodukten, aber auch in Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln. Mit dem Abwasser gelangen die mikroskopisch kleinen Plastikteilchen in die lokalen Kläranlagen. Da diese nicht in der Lage sind, Mikroplastik und andere Kunststoffe in ausreichender Menge aus dem Abwasser herauszufiltern, gelangt es schließlich in die Umwelt.
Im Vergleich zur Gesamtmenge an Mikroplastik, die aus Plastikabfällen, Reifenabrieb oder dem Waschen von Synthetik-Kleidung in die Meere und Gewässer gelangt, ist der Eintrag durch Kosmetikprodukte relativ gering. Dennoch sind die Zahlen erschreckend. Insgesamt gelangen in der EU laut Berechnungen der EU-Kommission jedes Jahr schätzungsweise 75.000 bis 300.000 Tonnen Mikroplastik in die Umwelt.
Auswirkungen unklar
Welche Auswirkungen Mikroplastik auf die Gesundheit von Fischen und anderen Wasserbewohnern hat, ist noch weitgehend unklar. Auch über die Bedeutung für die menschliche Gesundheit ist noch nicht viel bekannt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Deutschland hält es nach derzeitigem Wissensstand für unwahrscheinlich, dass von der Aufnahme über die Haut oder das unabsichtliche Verschlucken von Mikroplastik aus Kosmetikprodukten ein gesundheitliches Risiko für den Menschen besteht. Aufgrund der Teilchengröße gehen die Expertinnen davon aus, dass sie weder Haut noch Schleimhäute durchdringen können und verschluckte Partikel wieder ausgeschieden werden.
Umweltexpertinnen warnen jedoch davor, dass viele Kunststoffe dauerhaft in der Umwelt verbleiben. Sie werden nicht abgebaut, sondern lediglich in immer kleinere Teilchen zerkleinert. Die Kunststoffe selbst können bereits gesundheitsschädliche Chemikalien enthalten. Zudem sind sie in der Lage, Schadstoffe wie polychlorierte
Biphenyle (PCB) und das Insektizid DDT, die zwar längst verboten, aber noch immer in der Umwelt vorhanden sind, zu binden. Untersuchungen haben gezeigt, dass der Schadstoffgehalt auf den Kunststoffteilchen bis zu einer Million Mal höher sein kann, als im umgebenden Wasser. Miesmuscheln, die mit diesen Kunststoffteilchen gefüttert wurden, entwickelten Entzündungen. Zudem konnten Mikroplastikteilchen im Muschelfleisch sowie in Garnelen und vielen Speisefischen nachgewiesen werden.
Freiwilliger Verzicht
Greenpeace hat 664 Kosmetikprodukte wie Lidschatten, Lippenstift und Co. bekannter Marken untersucht, drei Viertel davon enthielten Plastik. Etliche Herstellerinnen verzichten inzwischen auf den Zusatz von Mikroplastik in Kosmetikprodukten und deklarieren ihre Produkte mit dem Aufdruck „frei von Mikroplastik“. Allerdings konzentrieren sie sich dabei ausschließlich auf die festen, partikelförmigen Kunststoffe, die in abwaschbaren Produkten eingesetzt werden, wie zum Beispiel die kleinen Schleifmittel in Peelings oder Zahnpasta.
In nicht abspülbaren Produkten wie Cremes und dekorativer Kosmetik wie Foundations, Lippenstifte und Mascara ist Mikroplastik weiterhin häufig enthalten. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Kunststoffe, die als Wachse, Gele oder flüssige Polymere von den Herstellerinnen eingesetzt werden. Sie dienen als Konsistenzgeber oder Füllstoff, als Trübungs- oder Bindemittel sowie als Filmbildner.
Welche Folgen flüssige, gel- oder wachsartige Kunststoffe für die Umwelt und die menschliche Gesundheit haben, ist nicht bekannt. In ihren Abbaueigenschaften unterscheiden sie sich jedoch kaum von festen Kunststoffteilchen. Sie wurden bereits in den Kiemen von Fischen nachgewiesen und sind in der Lage, mit anderen Verbindungen unlösliche Komplexe zu bilden. Umweltverbände fordern deshalb ein vollständiges Verbot von Mikroplastik und anderen Kunststoffformen in Kosmetikartikeln.
Erkennen und Vermeiden
Immer mehr Menschen wollen auf kunststofffreie Kosmetikprodukte zurückgreifen. Das ist jedoch oft gar nicht so einfach. Als Hilfestellung hat der Bund für Umwelt und Naturschutzbund Deutschland (BUND) den „Einkaufsratgeber Mikroplastik“ erstellt, indem viele Produkte aufgelistet werden, die Mikroplastik enthalten: https://www.bund.net/service/publikationen
Eine weitere Hilfestellung: Herstellerinnen sind verpflichtet, alle enthaltenen Inhaltsstoffe nach der „International Nomenclature of Cosmetic Ingredients“ (INCI) aufzulisten.
Wissenswertes
INCI-Bezeichnungen einiger häufiger Kunststoffe in Kosmetik
– Polyethylen (PE)
– Polypropylen (PP)
– Polyethylenterephthalat (PET)
– Nylon-12
– Nylon-6
– Polyurethan (PUR)
– Acrylates Copolymer (AC)
– Acrylates Crosspolymer (ACS)
– Polyacrylat (PA)
– Polymethylmethacrylat (PMMA)
– Polystren (PS)
– Polyquaternium-7 (PQ)
– Polyethylenglycol (PEG)
– Polypropylenglycol (PPG)