Die Wiederentdeckung gesunder Pilze: Dass diese nicht nur gut schmecken, sondern auch dem Körper guttun, entdeckt man nun auch bei uns wieder.

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Bis ins Mittelalter nutzte man Pilze im europäischen Raum ebenfalls zu medizinischen Zwecken. Dieses Wissen ging weitgehend verloren, während im asiatischen Raum Vitalpilze immer schon eine große Bedeutung hatten“, erklärt Pilzexpertin Dr. Ulrike Lindequist von der Universität Greifswald. Heute feiern Pilze mit den fantasievollen Namen Igelstachelbart, Raupenpilz, Klapperschwamm oder Glänzender Lackporling ein Revival.

Mittlerweile belegen auch wissenschaftliche Untersuchungen die Kraft, die in so genannten Vitalpilzen schlummert. „Pilze werden vor allem zur Stärkung des Immunsystems eingesetzt. Sie sollen Alterungsprozesse verlangsamen, und im asiatischen Raum kommen sie in der begleitenden Krebstherapie – also zusätzlich zur Behandlung – zum Einsatz“, erklärt Lindequist.

Auf die Qualität kommt es an

Dass die gesundheitsförderlichen Vitalpilze bei uns etwas in Vergessenheit geraten sind, hängt laut Lindequist auch mit ihrem unregelmäßigen Vorkommen in der Natur zusammen. Erst die heute in größerem Maße stattfindende Kultivierung erlaubt die konstante Verfügbarkeit. „Einige der Pilze gibt es bei uns gar nicht. Cordyceps wird beispielweise nur im asiatischen Raum gefunden und erst in jüngster Zeit kultiviert“, erklärt Lindequist.

Umso wichtiger ist es, dass Endverbraucher auf qualitativ hochwertige Produkte im Bereich der Vitalpilze – am besten aus der Apotheke – achten, die zur Verwendung getrocknet und zu einem feinen Pulver vermahlen werden. „Ich empfehle Vitalpilze, bei der jede Charge mindestens ein dreistufiges Kontrollverfahren durchlaufen hat. Die Pilze müssen unbedingt frei von Pestiziden und anderen Verunreinigungen sowie Verfälschungen sein. Wichtig ist zudem, dass sie aus kontrolliertem Anbau stammen“, betont Lindequist.

Mykotherapie im Trend

Vitalpilze haben viele positive Eigenschaften, die bei uns erst langsam wiederentdeckt werden. Ötzi wusste um die Naturapotheke aus dem Wald: Er trug Stücke von getrockneten Birkenporlingen bei sich, die ihm als natürliches Abführmittel gegen Parasitenbefall gedient haben könnten. Die Anwendung von Pilzen wird als Mykotherapie bezeichnet und ist eine komplementärmedizinische Therapie aus dem Bereich der Naturheilkunde. Die in vielen Studien untersuchten immunmodulierenden Eigenschaften der Pilze werden hier ebenso geschätzt wie deren antioxidatives und entgiftendes Potenzial. Dabei unterstützt jede Vitalpilz-Art das körpereigene Immunsystem auf etwas andere Weise.

Mittlerweile gibt es immer mehr Ärzte und Apotheker, die Vitalpilze empfehlen. „Seit den 1990er Jahren ist ein stetiges Anwachsen auch beim Endkunden zu verzeichnen. 2001 fand die erste ‚International Medicinal Mushroom Conference‘ statt, eine internationale Konferenz, die seitdem in 2-jährigem Abstand durchgeführt wird und an der Wissenschafter aus der ganzen Welt teilnehmen. Es gibt zudem immer mehr wissenschaftliche Studien zu diesem Thema“, informiert Lindequist.

Vitalpilze werden auch mit Vitaminen, Mineralstoffen und Pflanzenstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln kombiniert. „Diese Ergänzungen bedeuten einen Mehrwert. Vitalpilze sind sehr gut geeignet, um prophylaktisch zur Gesundheitserhaltung beizutragen“, so die Wissenschafterin.

Der Brasilianische ­Champignon

Pilz Brasilianischer Champignon - Der Brasilianische Champignon ist auch als Sonnen- oder Mandelpilz bekannt. - © Shutterstock
Der Brasilianische Champignon ist auch als Sonnen- oder Mandelpilz bekannt. © Shutterstock

Ein Vitalpilz, der gerne eingesetzt wird, ist der „Agaricus brasiliensis“, der Brasilianische Champignon. Ihm werden positive Eigenschaften in Hinblick auf das Immunsystem nachgesagt. „Es gibt zudem Studien, dass er bei Allergien eine dämpfende Wirkung hat. Die überschießende Immunreaktion wird moduliert“, erläutert Lindequist.

Der Reishi

Pilz Reishi - In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wird der Reishi bei einer Reihe von Krankheiten eingesetzt, u.a. bei Entzündungen, Erkrankungen der Leber, Asthma und Bronchitis, Arthritis, Krebserkrankungen, Bluthochdruck und Arthritis. - © Shutterstock
In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wird der Reishi bei einer Reihe von Krankheiten eingesetzt, u.a. bei Entzündungen, Erkrankungen der Leber, Asthma und Bronchitis, Arthritis, Krebserkrankungen, Bluthochdruck und Arthritis. © Shutterstock

Ein ganz besonderer Pilz ist der Reishi (Ganoderma lucidum), der Glänzende Lackporling, der auch „Pilz der Unsterblichkeit“ genannt wird. Einst war er dem Chinesischen Kaiser, seiner Familie und dem kaiserlichen Hofstaat vorbehalten. Seine Einsatzgebiete sind vielfältig. „Er wird unter anderem zur Regulierung von Verdauung und Stoffwechsel eingesetzt“, erklärt Lindequist.

Der Maitake

Pilz Maitake - Dem Maitake wird auch nachgesagt, der Entstehung einer Fettleber entgegenzuwirken. - © Shutterstock
Dem Maitake wird auch nachgesagt, der Entstehung einer Fettleber entgegenzuwirken. © Shutterstock

Der Vitalpilz Maitake (Grifola frondosa), der „Klapperschwamm“, hat seine Stärken in Hinblick auf den Knochenaufbau. „Bei Frauen im fortgeschrittenen Alter könnte er etwa vorbeugend gegen Osteoporose eingesetzt werden“, meint Lindequist. Eine kontinuierliche Einnahme kann zur Senkung des Cholesterinspiegels beitragen.

Der chinesische Raupenpilz

Pilz Chinesischer Raupenpilz - Laut TCM unterstützt der Raupenpilz auch die Niere und die Atemwege. - © Shutterstock
Laut TCM unterstützt der Raupenpilz auch die Niere und die Atemwege. © Shutterstock

Der chinesische Raupenpilz (Cordyceps sinensis), wächst nur in den Höhenlagen des Himalayas und spielte in der traditionellen Medizin schon immer eine wichtige Rolle. „Dem Pilz und seinen Wirkstoffen, u.a. Cordycepin, werden leistungssteigernde Effekte zugeschrieben. Bei Ausdauersportlern soll beispielsweise das Durchhaltevermögen erhöht werden. Dem Pilz wird auch eine natürliche aphrodisierende Wirkung nachgesagt“, so Lindequist.

Der Igelstachelbart

Pilz Igelstachelbart - Der Igelstachelbart soll besonders bei stressbedingtem Reizmagen oder Reizdarm wirken. - © Shutterstock
Der Igelstachelbart soll besonders bei stressbedingtem Reizmagen oder Reizdarm wirken. © Shutterstock

Der Vitalpilz Hericium erinaceus, der Igelstachelbart, hat sein Hauptanwendungsgebiet im Magen-Darm-Bereich und bei Nervenerkrankungen. „Es gibt hier auch interessante Hinweise, dass Hericium Demenz verzögern könnte. Gerade in diesem Bereich wäre es von Bedeutung intensive Forschungen durchzuführen“, ist Lindequist überzeugt.