Neurodermitis, Atopische Dermatitis, Atopisches Ekzem – die Erkrankung hat viele Erscheinungsformen. Ebenso breit sind auch die Therapie- und Pflegemaßnahmen, die sie erfordert. Besonders wichtig sind dabei Geduld und Konsequenz.
Die Bezeichnung Neurodermitis stammt aus dem 19. Jahrhundert, als man noch glaubte, dass eine Nervenentzündung die Ursache ist. Heute spricht man eher von einem Atopischen Ekzem, also einer Art Hautausschlag.
Die Ausprägung und Lokalisation des Atopischen Ekzems wandelt sich mit dem Lebensalter. Beim Säugling weist Milchschorf am Kopf auf eine mögliche beginnende Atopie hin. Es bilden sich unscharf begrenzte, gerötete, nässende Herde mit Bläschen, Schuppen und Krusten, die in Folge auf die Streckseiten der Arme und Beine übergreifen können.
Etwa ab dem zweiten Lebensjahr verlagern sich die Hautveränderungen zur Ellenbeuge und Kniekehle (Beugeekzem), zu den Hand- und Sprunggelenken und erfassen den Nacken und die seitlichen Partien des Gesichts. Die Herde sind eher trocken und von bräunlich-roter Farbe mit Knötchen und Schuppen.
In der Pubertät finden sich die Hautveränderungen vor allem im Bereich der Stirn und Augenlider, am Hals und an der Beugeseite der großen Gelenke. Die Haut „vergröbert“ und verdickt sich. Beim Kratzen sind Spuren auf der Haut weiß und nicht rot wie bei Gesunden.
Ursachen & Symptome
Bei Neurodermitis spielt die Genetik eine große Rolle. Wenn beide Eltern darunter leiden, kann es gut sein, dass auch das Kind eine Neigung dafür hat.
Man weiß heute, dass es eine genetische Mutation gibt: das sogenannte Fillaggrin-Gen. Sowohl der Wasserverlust der Haut als auch die Produktion eines körpereigenen „Feuchthaltefaktors“ sind bei diesem Gendefekt gestört.
Und damit beginnt der Teufelskreis: Die Haut trocknet aus, büßt ihre Barrierefunktion zur Umwelt ein, wodurch Viren, Bakterien und Pilze bessere Lebensbedingungen vorfinden und ein Entzündungsprozess in Gang kommt.
Starker Juckreiz ist ein häufiger Begleiter. Wenn man kratzt, bilden sich aber neue Eintrittspforten für die Keime und das Zustandsbild verschlechtert sich.
Die Triggerfaktoren
Neben der genetischen Veranlagung gibt es auch noch zahlreiche Triggerfaktoren, die zum schubhaften Verlauf der Atopischen Dermatitis beitragen können.
Lebensmittelallergien gelten als wichtige Auslöser für ein Atopisches Ekzem bei Kindern unter zwei Jahren. Milcheiweiß ist das Hauptallergen, weitere sind Hühnerei, Soja, Weizen, Erdnuss, Baumnüsse, aber auch Fisch. Zum Glück verlieren (mit Ausnahme der Erdnussallergie) 80 Prozent der Kinder bis zum fünften Lebensjahr ihre Allergie.
Ab dem zweiten Lebensjahr nimmt die Bedeutung von Pollen als Allergen zu. Birke, Gräser und Ragweed sind hier zu nennen. In diesem Alter beginnt auch die Hausstaubmilben- und Katzenallergie.
Bedenkt man, dass es noch psychische und klimatische Auslösefaktoren gibt, so wird klar, wie schwer es im Einzelfall sein kann, die individuellen Triggerfaktoren herauszufinden. Was bei einem hilft, hat beim anderen keine Wirkung und umgekehrt.
Mögliche Trigger, die einen Schub auslösen können:
- Allergene (Pollen, Tierhaare)
- Nahrungsmittel (Milcheiweiß, Nüsse)
- Seelische Belastungen (Stress, Trauer, Angst)
- Kontakt mit Reinigungsmitteln
- Bestimmte Textilien (Wolle, Synthetik)
- Klima (Große Temperaturunterschiede, Winter, trockene Räume)
- Starke Duftstoffe, Tabakrauch
Wenn die oberste Hautschicht undicht ist
Unsere Haut ist schichtweise aufgebaut. Ihre äußerste Schicht besteht aus extrem abgeplatteten, toten Hornhautzellen. Sie sind wie die Ziegel in einer Mauer versetzt angeordnet und besitzen an der Oberfläche Verzahnungsstellen, um Verschiebungen zu verhindern.
Das Hautfett dient dabei als eine Art „Zement“ zwischen den einzelnen Zelllinien und erhöht den Zusammenhalt und die Dichte. Es besteht aus Ceramiden, Cholesterin, Cholesterinestern und Fettsäuren und bremst den Wasserverlust der Haut. Waschaktive Substanzen, aber auch Wasser selbst, lösen die Fettsubstanzen heraus und die Haut trocknet aus.
Pflege-Tipp für Kinderhaut:
Babys und Kleinkinder sollen nicht öfter als ein- bis zweimal pro Woche gebadet werden. Die Dauer soll fünf Minuten nicht übersteigen und das Wasser nicht wärmer als 27 bis 30 °C sein. Für die letzten zwei Minuten fügt man Badeöl zu, um die Haut wieder aufzufetten.
Und um Hautirritationen zu vermeiden, wird mit dem Handtuch abgetupft und nicht gerubbelt. Danach ist das Auftragen eines Feuchthaltemittels mit zum Beispiel 3 Prozent Harnstoff ratsam.
Die Basisbehandlung
Mit regelmäßiger Hautpflege soll Schüben vorgebeugt werden. Mit rückfettenden Pflegeprodukten wird der Haut das notwendige Fett zugeführt. Ceramidhaltige Emulsionen schränken die erhöhte Wasserverdunstung ein; Nachtkerzenöl, Zink und Dexpanthenol wirken entzündungsdämpfend.
Feuchthaltende Hautpflegemittel (Emollentien) mit möglichst geringem allergenem Potenzial sollen zweimal täglich zur Anwendung kommen. Auf diese Weise gelingt eine Stabilisierung und kurz- und langfristig eine Einsparung von Kortikosteroiden. Lassen Sie sich dazu am besten von Ihrem Apotheker beraten.
Antientzündliche Hautbehandlung
Je nach Feuchthaltemittel – Creme oder Salbe – ist die Vorgangsweise unterschiedlich:
- Ist das Feuchthaltemittel eine Creme, so tragen Sie sie 15 Minuten vor dem Kortikosteroid auf.
- Liegt es als Salbe vor, dann 15 Minuten nachher auftragen.
Die Scheu vor den Kortikosteroiden ist bei richtiger Auswahl und Gebrauch unbegründet. Bei leichter Krankheitsaktivität kommen zwei bis drei Anwendungen pro Woche in Betracht. Bei schweren Entzündungen ist der Einsatz potenter Kortikosteroide sinnvoller. Es gelangt zwar anfänglich mehr davon in die Blutbahn, aber dafür heilt die Haut früher ab und schränkt die unerwünschte Kortikosteroidaufnahme damit wieder ein.
Eine Alternative für Risikozonen sind die Calcineurin-Inhibitoren Tacrolimus und Pimecrolimus. Alle diese Arzneimittel verschreibt der Facharzt.